Warum die «Badener Steine» die einzig wahren Steine sind und es auch bleiben werden.
von Roman Huber
Wer kennt sie nicht, die legendären «Badener Steine», die seit 1937 Stadtgeschichte und höchste Confiseriegenüsse miteinander vereinen? Sie sind formschön, eingehüllt in eine feine, knackige Schicht Schokolade und haben innen ein angemessen in Kirsch getränktes Biskuit. Alles in allem gelten sie in der Region als die Confiseriespezialität schlechthin.
Die «Badener Steine» entspringen dem Pioniergeist des einstigen Badener Konditors Carl Herzog, der das Originalrezept erfunden hat, wie es heute noch verwendet wird. Als er altershalber seine Konditorei aufgab, wanderte das Rezept in die Hände von Hans Disler, Gründer der gleichnamigen Konditorei. Hans Disler gab es Sohn Edi weiter, der die Erfolgsgeschichte der «Badener Steine» im Hause Disler weiterführte. Als Disler von Moser's Backparadies übernommen wurde, ging auch das Erfolgsrezept an den neuen Besitzer.
Die «Badener Steine» haben auch schon für Furore gesorgt, und zwar vor rund zehn Jahren. Und es wurde sogar eine Volksinitiative dagegen lanciert. Es handelte sich dabei nicht um die Confiseriespezialiät, sondern um grosse Steinquader, die als provisorische bauliche Massnahmen bei der Verkehrsberuhigung verwendet wurden. Aber auch die richtigen «Badener Steine» bewegten schon die Badener Gemüter. So beispielsweise vor etwa fünf Jahren, als plötzlich ein «Badener Würfel» selbigen Aussehens und basierend auf selbigem Rezept in Baden verkauft wurde. Ein ehemaliger Disler-Angestellter kopierte das Rezept für ein mittlerweile eingestelltes Konkurrenzgeschäft.
Auch diese aufregenden Zeiten überstand der «Badener Stein», benannt nach dem stolzen Schloss über der Stadt, schadlos. Doch vor zwei Jahren wurde die Bäderstadt erneut in Aufregung versetzt. Da brachte doch jemand einen «Züri-Stei» mit nach Baden, der sich in nichts ausser der Packung von seinem Original unterschied. Eine heftige Diskussion entbrannte, und in Badener Kreisen kam Unverständnis, ja gar Unmut darüber auf, dass es jetzt «Züri-Steine» geben sollte, die sogar die Frechheit hatten, bis nach Baden zu gelangen.
Die behördliche Obrigkeit traktandierte diesen Umstand sogar unter sich, und der Stadtrat stellte die berechtigte Frage, ob es sich denn überhaupt noch geziemen würde, «Badener Steine» als offizielles «Baademer» Präsent an auswärtige Gäste zu überreichen. Diese Frage bekam je stärker ihre Berechtigung, je mehr solcher fremder Steine über unbekannte Wege nach Baden gelangten.
Wie ein Segen erlebten im Ursprungsjahr dieser «Züri-Steine» - im Badenfahrt-Jahr 1997 - die legendären Spanischbrötli ihre Renaissance. Just jenes Blätterteiggebäck, das vornehme Zürcher einst bewogen hatte, ihre Bediensteten nach Baden zu schicken, um solche zu posten. Doch der grosse Nachteil der Spanischbrötli gegenüber der «Badener Steine» sei die eher kurze Haltbarkeit, hiess es aus dem Stadthaus mit einem Augenzwinkern. Vielmehr war es natürlich die «geistige» Zugabe in der Füllung, die eindeutig für den «Badener Stein» spricht.
Die viel besagte Originalität bzw. die Einmaligkeit des «Badener Steins» geriet erneut ins Wanken, als Luzern-Reisende aus Baden berichteten, sie hätten dort «Wasserturm-Steine» gesichtet, die doch eine frappante Ähnlichkeit mit «Badener Steinen» aufweisen würden. Diese mysteriösen confiseurischen Vorfälle bewogen schliesslich diese Zeitung, nach den Gründen zu forschen.
Guido Moser, Besitzer und Geschäftsführer von Moser's Backparadies, klärt schmunzelnd auf. Der «Züri-Stein», der übrigens schon zu Dislers Zeiten an ein renommiertes Confiseriehaus der Stadt Zürich zum Wiederverkauf geliefert wurde, sei ein Auslaufmodell, sagt Moser. Ein Zürcher Konzern, der vom «Badener Stein» angetan war, wollte diesen als Kundengeschenke produzieren lassen. Er habe aber keine «Steine» aus dem Aargau schenken können, denn das hätte wohl den Beschenkten missfallen. So bot Moser Hand dazu, eine Serie an Verpackungen mit dem Aufdruck «Züri-Stei» zu produzieren. «Diese werden demnächst aufgebraucht sein, sodass es dann nur noch ‹Badener Steine› geben wird», beruhigt Moser. Sofern diese Zeilen in Zürich gelesen werden, dürfte nun ein Run in den Zürcher Geschäften von Moser's Backparadies einsetzen.
Doch wie ist es mit dem «Wasserturm-Stein»? Guido Moser: «Es handelt sich um Zweitwahl-Steine, die so nur im Raum Luzern angeboten werden.» Damit ist das Geheimnis gelüftet, wo denn die leckeren «Steine» produziert werden: Moser's Backparadies hat eine stille Beteiligung am Confiserieproduzenten Bachmann in Luzern. Dort werden seit manchen Jahren unter Aufsicht und kontrollierter Rezeptur die «Badener Steine» produziert. «Ofenfrische Bäckereiprodukte und Confiseriespezialitäten in höchster Qualität nebeneinander produzieren, das beisst sich», erklärt Moser die Auslagerung der Produktion. Es gibt aber noch einen «Stein»: den «Einstein», der im gleichnamigen Restaurant in Aarau serviert wird. Doch den Aarauern gönnt Baden diesen einen «Stein», der ebenfalls aus Luzern stammt.