Die Polizei macht Jagd auf Schneeballwerfer

Mit Schneebällen gegen Fensterscheiben werfen, ist kein Lausbubenstreich, findet die Polizei und greift hart durch. Jugendliche Schneeballwerfer müssen auf den Polizeiposten und werden verzeigt. Jugendarbeiter finden dies fraglich. Die Polizei hingegen will so Gewalt und Vandalismus verhindern.

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schneeball

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Keystone

Maja Sommerhalder

Fünf Jugendliche zogen kurz nach Mitternacht durch ein Wohnquartier in Oberkulm. Einer warf mit einem Schneeball gegen eine Scheibe – klirr, das Glas zerbrach.

War das ein dummer Lausbubenstreich? Keineswegs, findet die Polizei. Diese fahndete nämlich nach den Schneeballwerfern und nahm sie mit auf den Posten. Die Eltern mussten ihre Sprösslinge, die zwischen 15 und 17 Jahre alt sind, abholen. Zudem wurden die Jugendlichen wegen Sachbeschädigung verzeigt. Am nächsten Tag meldete die Polizei den Vorfall den Medien – diese Zeitung berichtete am 2. Februar darüber.

Die Reaktionen kamen prompt: Leser Hanspeter Müller aus Mönthal schrieb an diese Zeitung: «Ein Bravo an die Hausbesitzer, die wegen der jungen Schwerverbrecher die Polizei zu Hilfe rufen, ein noch grösseres Bravo der Polizei, die die fünf jugendlichen Delinquenten verhaftet und verzeigt, und ein grosses Kompliment der AZ, die über ein dermassen gravierendes Ereignis berichtet.»

Für die Kantonspolizei ist dieses Ereignis aber keine Lappalie, erklärt Mediensprecher Bernhard Graser: «Die Jugendlichen haben Sachen beschädigt. Zudem dulden wir es nicht, dass sie sich mitten in der Nacht herumtreiben.» Es sei kein Zufall, dass die Polizei die Öffentlichkeit darüber informiere und die Jugendliche hart anpacke: «In Zukunft wollen wir bei ähnlichen Fällen ebenso vorgehen.» Die Polizei erhofft sich dadurch eine Signalwirkung: «Vielleicht fragen sich einige Eltern, wo sich ihr Kind nachts herumtreibt, wenn sie das lesen.» Zudem wolle man der Öffentlichkeit zeigen, dass man Vandalismus und Gewalt nicht länger toleriere.

Dieses harte Durchgreifen ist Teil eines Aktionsplans der Kantonspolizei gegen Jugendgewalt, der seit dem 1. Januar gilt. Seither werden pöbelnde, laute oder alkoholisierte Jugendliche stärker kontrolliert. Zudem wird schneller eingegriffen, auch wenn keine Straftat begangen wurde. «Wenn unter 16-Jährige sich nach elf Uhr noch draussen aufhalten, informieren wir die Eltern», so Graser und betont: «So wollen wir die Anonymität aufbrechen und präventiv gegen Gewalt und Vandalismus vorgehen.»

«Das ist kontraproduktiv»

Doch nicht alle heissen das Vorgehen der Polizei gut. Jugendarbeiterin Carmen Berchtold, die für den Verein für Jugend und Freizeit in Wohlen arbeitet, meint: «Natürlich muss man gegen Gewalt etwas tun, aber dass man Schneeballwerfer gleich verzeigt, finde ich fragwürdig.» Ein Schneeballwurf sei kein Gewaltakt. Es hätte gereicht, die Eltern zu informieren und den Vorfall über die Haftpflichtversicherung abzuwickeln. Sinnvoller wäre es, die Beteiligten in die Verantwortung zu ziehen und nach einer gemeinsamen Lösung zu suchen. Die Information an die Öffentlichkeit sei eher kontraproduktiv: «Das animiert zu Nachahmungstaten. Zudem werden die Jugendlichen blossgestellt.»

Dieser Meinung ist auch Wimi Wittwer, Jugendarbeiter des Jugendnetzes Siggenthal: «Einige sind sogar stolz, wenn die Medien ihre Schandtaten aufnehmen.» Dass die Polizei den Jugendlichen aber auch bei Bagatellen Grenzen aufzeigt, sei manchmal sinnvoll: «Noch besser wäre es aber gewesen, wenn der betroffene Anwohner die Sache mit den jungen Schneeballwerfern selbst geregelt hätte.»