Seit 1995 gerieten in Deutschland mindestens 94 Kleriker und Laien der Katholischen Kirche unter Missbrauchsverdacht. Davon wurden in der Vergangenheit 30 verurteilt. Auch in anderen Ländern kam es zu zahlreichen Vorfällen.
Gemäss der Umfrage des «Spiegel» ist die Zahl möglicher Missbrauchsfälle in der deutschen katholischen Kirche grösser als bisher angenommen. Der «Spiegel» hatte bei allen 27 Bistümern nachgefragt. 24 antworteten. Nur die Bistümer Limburg, Regensburg und Dresden-Meissen verweigerten die Auskunft. Man wolle «die aktuelle Diskussion nicht noch befeuern», sagte etwa der Sprecher des Bistums Dresden-Meissen gegenüber dem «Spiegel».
Derzeit stehen mindestens zehn Kirchendiener unter Missbrauchsverdacht. Viele andere Fälle sind bereits verjährt. Von den seit 1995 unter Verdacht geratenen Kleriker und Laien wurden 30 verurteilt.
Auch in anderen Ländern gibt es zahlreiche Vorfälle
Vor zwei Jahren wurden im Bistum Freiburg-Lausanne-Genf mehrere Fälle von Kindesmissbrauch bekannt. In einem Fall hatte sich ein pädophiler Kapuziner an 24 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 14 Jahren vergangen. Später wurde er nach Frankreich versetzt, wo er wiederum sein Unwesen trieb. Das Schweizer Bistum habe damals Frankreich nichts von den bereits bekannten Fällen erzählt.
Nach dem Bekanntwerden der Fälle wurde eine unabhängige Kommission eingesetzt, die von Opfern als Anlaufstelle genutzt werden kann. Seit der Gründung von «SOS Prävention» im Februar 2008 sind ihr 28 Fälle zugetragen worden. Jedoch sind die meisten Fälle verjährt oder die mutmasslichen Täter sind verstorben.
2009 erschütterte ein Missbrauchs-Skandal die katholische Kirche in Irland. Seit 1940 sollen Dutzende Kirchenführer mitgeholfen haben, Fälle von Kindesmissbrauch durch mehr als 170 Priester zu verheimlichen. Zahlreiche Bischöfe, Priester udn Diakone traten von ihren Ämtern zurück.
In den 90er Jahren löste in Österreich der Fall des ehemaligen Wiener Erzbischofs, Kardinal Hans-Hermann Groer, eine Krise aus. Er hatte sich als Religions-Lehrer an Kindern vergangen.
Der Kindesmissbrauch war lange ein Tabuthema
Erst 2002 wurde das Problem der Pädophilie in Priesterämtern vom Vatikan wirklich anerkannt. Anlass gaben die zahlreichen Vorfälle in der katholischen Kirche in den USA.
Der Papst Johannes Paul II gab damals bekannt, nun mit aller Härte gegen das Tabuthema vorzugehen. Bis anhin wurden die Kirchendiener in vielen Fällen bei Verdachtsmomenten kurzerhand versetzt. Das sollte das Problem lösen. (skh)