Der Vatermörder wird zum Star

Bei der aktuellen Inszenierung des Kellertheaters Bremgarten spielt Musik eine grosse Rolle

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Der Vatermörder wird zum Star

Der Vatermörder wird zum Star

«En Held» heisst die neue Eigeninszenierung des Kellertheaters Bremgarten. Im Mittelpunkt steht dabei keine mythische Gestalt, sondern ein junger Mann, der seinen Vater erschlagen hat.
Und eine Dorfbevölkerung, die das sogar gut findet.

Wie wird man zum Helden? Die Antwort, welche die neue Eigeninszenierung des Kellertheaters Bremgarten darauf liefert, ist ein tiefer Blick in die Abgründe der menschlichen Seele. Am 27. Februar ist die Premiere dieser Eigeninszenierung, in der das Kellertheater Bremgarten den Mut hat, einen starken Stoff auf die Bühne zu bringen, auch wenn der Autor hierzulande nahezu unbekannt ist und die Stückwahl daher das Risiko beinhaltet, wenig Publikum zu finden. Das allerdings wäre schade, denn die neue Inszenierung ist wirklich gut. Nicht zuletzt, weil sie mit einigen Überraschungen aufwartet.

So ist es nicht eine mythische Tat, die dem jungen Christian Herzog, genannt Chrigel – wunderbar gespielt von Franky Weber –, die Bewunderung einer verschrobenen Dorfgemeinschaft zuteilwerden lässt. Sondern ein schändliches Verbrechen, begangen im Affekt. Chrigel hat seinen despotischen Vater mit der Schaufel erschlagen. Als er, der sich seit Tagen auf der Flucht befindet, das in einem Wirtshaus gesteht, reagieren die Zuhörer nach dem ersten Schreck fasziniert.

Verliebt in einen Mörder

Mehr noch, die hübsche Wirtstochter (Esther Schweizer) findet Gefallen am jungen Mann, genauso wie andere Mädchen aus dem Dorf. Chrigel geniesst seinen neuen Status als Star, wandelt sich zusehends vom scheuen Trampel zum tollen Hecht, dem es gar gelingt, alle Sportwettkämpfe für sich zu entscheiden. Und als er mit Grit dann die Hochzeit plant, scheint das Happy End nahe.

Wenn da nicht ausgerechnet sein tot geglaubter Vater auftauchen würde. Chrigel hat ihn nicht, wie er annahm, umgebracht, bloss verletzt. Doch ausgerechnet der Umstand, keine Straftat begangen zu haben, führt dazu, dass die allgemeine Bewunderung in Hass umschlägt. Daran ändert auch nichts, dass er den Mord doch noch vollziehen möchte. Er wird der Polizei übergeben. «Jetzt erkenne ich den Abgrund zwischen einer Heldensage und der schmutzigen Wirklichkeit», klagt Grit in einer der entscheidenden Szenen des Stücks. Das Ende dann ist allerdings – wieder eine Überraschung.

Heftige Debatte

Ein Dorf, das einen Vatermörder als Helden feiert – bei der Premiere von «The Playboy of the Western World», wie das Stück von John Millington Synge im Original heisst, sorgte mit seinem Inhalt 1907 für einen handfesten Theaterskandal. Synge war damals ein in Irland sehr bekannter Theaterautor, der bald darauf an Krebs verstarb und heute in der Schweiz wenig bekannt ist. Dennoch hat sich der Regisseur Urs Häusermann, der unter anderem vor zwei Jahren mit «En Summernachtstraum» mit dem Kellertheater Bremgarten einen grossen Erfolg feierte, für dieses Stück entschieden. Es habe ihn eben fasziniert, dass das Stück aufzeigt, wie Helden gemacht werden, begründet er.

In die Schweiz verlegt

Fridolin Kurmann hat «En Held» aus dem Englischen ins Schweizerdeutsche übersetzt und die Handlung in die Schweiz verlegt, eine Schweiz der Vergangenheit notabene. Ohne irisches Lokalkolorit ist die starke Geschichte um Gewaltbereitschaft und die Faszination dafür noch stärker.

Noch intensiver wirkt der Inhalt durch die Musik. Mit überraschend schrägen Tönen begleitet der Profimusiker Hans Hassler, der mit seinem Akkordeon schon mehrmals im Kellertheater aufgetreten ist, die Geschichte des vermeintlichen Vatermörders. Das Engagement von Hassler ist für das Kellertheater Bremgarten wirklich ein Glücksfall. Christov Rolla hat mit dem Ensemble alte Schweizer Lieder einstudiert, die für noch mehr Dichte in den einzelnen Szenen sorgen. Ganz klar ist, dass «En Held» den Reigen der gelungenen Eigeninszenierungen des Kellertheaters Bremgarten fortsetzt.

Premiere feiert die Inszenierung am Samstag, 27. Februar, um 20.15 Uhr. Bis zum 17. April 2010 folgen zwölf weitere Vorstellungen. Der Vorverkauf findet im Geschäft Cartouche, Marktgasse 25, Bremgarten, Telefon 056 633 44 22, statt.

www.kellertheater-bremgarten.ch