Wenn am Montag Solothurns Viertklässler an der Veloprüfung in die Pedale treten, begeben sie sich auf die schwierigste Prüfungsstrecke im Kanton. Die Stadtpolizei appelliert an Auto- und Lastwagenfahrer, Vorsicht walten zu lassen. Doch auch bei der Verkehrsführung lauern Tücken.
Christian Fluri
Bald gilt es für die 162 Viertklässlerinnen und Viertklässler der Stadt Solothurn ernst - zumindest in verkehrstechnischer Hinsicht: Am Montag findet nämlich unter der Ägide der Stadtpolizei die Veloprüfung statt. Für Konrad Müller, Dienstchef Verkehrsinstruktion bei der Stadtpolizei, ist die «Schüler-Radfahrerprüfung», wie die Veranstaltung offiziell heisst, ein wichtiges Element in der Verkehrserziehung. «Wir testen, ob die Kinder fähig sind, im Strassenverkehr zurecht zu kommen», erklärt er. Selbstverständlich sei das nämlich - gerade in der Stadt - nicht.
Zwei Gründe sind hier laut Müller vorderrangig: «Es gibt Kinder, die können selbst in der dritten Klasse nicht oder noch nicht Velo fahren», so der Verkehrsinstruktor. Für dieses Problem gibt es allerdings eine Lösung: Privates Training plus die Velofahrten im Rahmen der Verkehrserziehung, für die Müller verantwortlich ist.
Der zweite Grund ist nicht zu beheben, sondern liegt in der Natur der Sache. «Wir haben hier in der Stadt wohl die schwierigste Prüfungsstrecke im ganzen Kanton.» Ändern liesse sich das nicht, denn «es hat ja keinen Wert, die Prüfung irgendwo auf dem Land, wo es keine Ampeln und kaum Verkehr hat, durchzuführen», so Müller.
In der Stadt wimmelt es von Signalen, Streifen, Spuren, Autos und Lastwagen. Für die Kinder ist dies eine besondere Herausforderung. Auf eines aber legt Verkehrserzieher Müller besonderen Wert: «Der ‹tote Winkel› ist ein Dauerthema im Verkehrsunterricht an den Schulen. Wir pauken das den Kindern richtiggehend ins Gedächtnis.» Auf den tödlichen Verkehrsunfall auf der Kreuzung Bielstrasse-Wildbachstrasse von Ende April angesprochen, wird Müller nachdenklich.
«Es kann immer etwas passieren»
Zur Erinnerung: Damals kam eine 18-jährige Frau ums Leben, als sie von einem Lastwagen erfasst wurde. «Ein klassischer Unfall aus dem Toten Winkel», so Müller. Feldweibel Müller war übrigens der erste Polizist am Unfallort. «Seit diesem Unfall habe ich immer ein bisschen weiche Knie. Schliesslich kann immer irgend etwas passieren», sagt er und greift nach dem sprichwörtlichen Holz. Bis anhin sind die Veloprüfungen abgesehen von ein paar Bagatellvorfällen nämlich unfallfrei verlaufen.
Auf die Durchführung oder die Vorbereitung der Prüfung hatte der Unfall keine Auswirkungen. «Wir haben bisher noch keine Patentlösung für das Problem des Toten Winkels gesehen», so Müller. Den oft geforderten Trixi-Spiegeln, die den «toten Winkel» zumindest stark einschränken, kann Müller nichts Negatives abgewinnen. «Es spricht überhaupt nichts gegen diese Spiegel.»
Lastwagen überholen verboten
Etwas ratlos sind die Verkehrserzieher beim Thema «Velosack», einem erweiterten Velostreifen. Der Clou dabei: Die Velofahrer können den stehenden Verkehr überholen und vor diesem anhalten. Doch: «Um Unfälle beim Rechtsabbiegen und ‹tote Winkel›-Probleme zu verhindern, lernen die Kinder, niemals einen Lastwagen zu überholen», erklärt Müller. Will man allerdings den «Velosack» ordnungsgemäss befahren, muss man die wartenden Autos und Lastwagen überholen. «Das beisst sich natürlich», so Müller. Diese Säcke seien für die meisten Viertklässler ein grosses Problem, da eine solche Verkehrsführung dem Velofahrer sehr viel Konzentration abverlangt. «Zu viel für die meisten Kinder», ist Konrad Müller überzeugt.
Westumfahrung wird umfahren
Die traditionelle Route der Veloprüfung erfährt dieses Jahr eine kleine Änderung. Der verkehrstechnisch anspruchsvolle Allmend-Knoten bei der nördlichen Einfahrt in den Gibelintunnel will Müller den Prüflingen nicht zumuten. «Wir kommen von der Allmendstrasse und führen die Route via Brühlgrabenstrasse-Segetzstrasse-Gibelinstrasse schliesslich in die Hermesbühlstrasse. Das gibt den Kindern etwas Luft und wir können den schwierigen Knoten ausblenden.»