Parkplätze
Auf Blaue Zone folgt Parkiernot

In Birsfelden können Autos künftig nur noch in Blauen Zonen parkieren. Nicht nur die Betriebe leiden darunter. Für Kunden, die Handwerker benötigen, könnte die Rechnung höher ausfallen.

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Parkplatz Birsfelden

Parkplatz Birsfelden

bz Basellandschaftliche Zeitung

Muriel Mercier

Am gestrigen Morgen stattete Gemeindepräsident Claudio Botti einem 10-jährigen Mädchen, das mit seiner Familie am Hardhügel wohnt, einen Besuch ab. Sie hat rund 15 Unterschriften gesammelt, um den Beschluss der Gemeindeversammlung, in den Wohnquartieren künftig alle weissen Parkplatzzonen in blaue zu verwandeln, wieder rückgängig zu machen. Die Kinder sind enttäuscht von der Massnahme, denn: «Sie haben oft auf der Strasse vor dem Haus gespielt. Die Blaue Zone nimmt ihnen den Spielplatz weg.» Botti bewundert den Mut der Initiantin, muss ihr aber erklären, dass die Strasse in erster Linie für den Verkehr da sei.

Seit dem 1. Juli verschwinden in den Wohnquartieren in Birsfelden die weissen Parkplätze nach und nach; Ende der Sommerferien werden alle blau sein. Eine Tatsache, die an der Gemeindeversammlung zwar beschlossen wurde, wie Botti bestätigt. Aber auch eine Tatsache, die den Betrieben grosse Probleme bereitet. Remo Roditscheff, Präsident des Gewerbevereins Birsfelden und Inhaber der R + R Metallbau AG, regt sich auf, dass die Handwerker nun jedes Mal bezahlen müssen, wenn sie einen Kunden zu Hause aufsuchen. Die Arbeiter müssen eine Jahres- oder eine Tageskarte kaufen. Das bedeutet auch: «Die zusätzlichen Kosten für die Arbeiter erhöhen die Preise für die Kunden. Oder sie werden in die Gemeindekosten integriert, womit diese Leute bezahlen, die es nicht betrifft.»

Pendler klauen Birsfeldern Parkplätze

Eine weitere ärgerliche Folge: Leute, die künftig Freunde in Birsfelden besuchen wollen, leiden unter der Blauen Zone, denn sie müssen sich jeweils schon nach einer kurzen Stunde vom reichlich gedeckten Esstisch abmelden, um sich einen neuen Parkplatz zu suchen. Einige Hausbesitzer haben auf Grund dessen nach Lösungen gesucht und in den letzten Monaten angefangen, ihre Vorgärten in Parkplätze umzubauen - eine durchaus erlaubte Massnahme, wie Gemeindeverwalter Walter Ziltener bestätigt. Darin sieht Roditscheff nun den einzigen Vorteil für die Betriebe: «Das Baugewerbe bekommt auf diese Weise mehr Aufträge.»

Zur Parkier-Misere gekommen ist es unter anderem deswegen, weil die Weisse Zone in Birsfelden für zahlreiche Pendler eine ideale Möglichkeit war, ihre Fahrzeuge während ihres ganzen Arbeitstages in der Gemeinde abzustellen. Folge: Besetzen diese mit ihren Autos kostenlose Parkplätze während acht Stunden, haben die Einwohner keine Chance, ihr Auto abzustellen. «Birsfelden ist verstopft», bringt es Roditscheff auf den Punkt.

Dennoch hatte er zur Problembekämpfung eine andere Variante im Köcher, die er an der Gemeindeversammlung präsentierte: «Meine Idee war ganz einfach, sowohl den Handwerkern als auch den Einwohnern die Parkplätze gratis zur Verfügung zu stellen und nur für Auswärtige und Pendler eine Blaue Zone einzurichten.» Dass sein Vorschlag an der Versammlung nicht durchkam, schiebt er den zu vielen Anträgen zu, die die Anwesenden durcheinander brachten.

Ziltener argumentiert anders: «Der Gemeinderat hat zwei Vorschläge gebracht. Beim ersten stand die Weisse Zone für drei Stunden zur Debatte, beim zweiten ging es eben um die Umsetzung einer ganzflächigen Blauen Zone.» Der zweite Vorschlag wurde deshalb angenommen, weil jeder wisse, was diese genau bedeute. «Hätten wir das Konzept der Weissen Zone angenommen, hätte dies viel mehr Erklärung an die Bevölkerung und massenhaft Hinweisschilder gebraucht.»

Obwohl die Sache mit der Blauen Zone zahlreiche Missstände mit sich bringt und bei einigen Leuten für Ärger sorgt, sehen es die beiden Gemeindeoberhäupter Ziltener und Botti nicht so tragisch. «Ich stelle fest, dass es jetzt schon mehr freie Parkplätze gibt», sagt Ziltener. Dabei würde es sich wahrscheinlich um Leute handeln, die früher zum Parkieren nach Birsfelden gefahren und danach ins Tram Richtung Basel gestiegen sind. «Denkbar ist auch, dass nun mehr Leute die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen, wenn sie nach Birsfelden wollen.»

Auch Botti hat eine positive Überraschung für die Bevölkerung parat: «Wir haben die Anwohnerparkkarte von 20 Franken auf 10 Franken runtergesetzt, aber nicht publiziert. So freuen sich die Leute, wenn sie eine kaufen.» Ausserdem sei eine regionale Parkkarte geplant, die in beiden Basel benutzt werden könne.