Startseite
Panorama
Vermischtes
Mit seiner Spinne Lucas hat Animations-Profi Joshua Slice einen Youtube-Hit gelandet. Die niedliche Spinne mit Kulleraugen verzaubert die Menschen. Spinnenphobien kann sie nicht heilen, sagen Fachleute. Aber vielleicht beim Einstieg in die Therapie helfen.
Geschwind krabbelt die Spinne in den Fokus der Kamera: "Hallo, mein Name ist Lucas", stellt sie sich vor. Dann erzählt sie, sie habe zu viele Augen, sucht ihr Netz und rennt davon.
Ihr Auftritt dauert nur 20 Sekunden. Gleichwohl erobert die Spinne mit der kindlichen Stimme und den Kulleraugen die Welt im Sturm. Mehrere Millionen Klicks hat sie ihrem Schöpfer, dem US-Amerikaner Joshua Slice, auf Youtube binnen einer Woche eingebracht. In der Kommentarspalte verlangen einige User einen ganzen Film über Lucas.
Slice ist ein professioneller Animator, der schon für Walt Disney gearbeitet hat. Laut der Filmdatenbank "IMDB" wirkte er unter anderem am Film "Zoomania" mit. Mit Lucas hat er nun einen viralen Hit gelandet – dabei war alles bloss ein Test, wie er im Beschrieb zum Video schreibt. Dort steht auch, wem die entzückende Stimme gehört: seinem Neffen Lucas, der der Spinne auch den Namen gegeben hat.
Slice freut sich in einem Facebook-Eintrag, dass Lucas den Menschen so viel Freude bereitet. Vielleicht verhilft er dem Tier sogar zu einem besseren Image. Er stellt Lucas nicht als haariges, ekelerregendes oder gar gefährliches Monster dar, als das die Spinne bei vielen Menschen gilt.
Kann das Video aber noch mehr – kann es die Angst vor Spinnen, die Arachnophobie, kurieren? Nein, sagt Steffi Weidt, stellvertretende Leiterin des Zentrums für Depressionen, Angst und Psychotherapie an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich: "Wenn jemand krankhaft Angst vor Spinnen hat, ist das nicht realistisch." Wenn aber bloss gewisse Hemmungen gegenüber Spinnen vorhanden seien, könne man sich durchaus eine positive Wirkung vorstellen.
Weidt arbeitet mit Menschen, die Phobien vor Schlangen oder Vögeln haben. Ein animiertes Video kann als Therapie-Einstieg bei Patienten helfen, deren Angst extrem ausgeprägt ist. Der Kern der Behandlung ist aber die Beschäftigung mit dem realen Tier. Erst über textliche Informationen, danach über Bilder und schliesslich über die Konfrontation mit einem lebendigen Tier. Aber nur, sofern das der Patient wünsche, sagt Weidt.
Laut Achim Haug, Psychiatrie-Professor an der Universität Zürich, ist die Angst vor Spinnen häufig und muss meist nicht behandelt werden. Werde der Leidensdruck aber zu gross, seien verhaltenstherapeutische Massnahmen am wirkungsvollsten.
Haug unterteilt die Therapie grob in drei Schritte: Zuerst wird der Patient über das Risiko im Umgang mit Spinnen aufgeklärt, das in unseren Breitengraden vernachlässigbar ist. Danach wird er dem Tier ausgesetzt, wobei der Therapeut mit dem kleinsten Reiz anfängt – mit dem niedlichen Lucas zum Beispiel. Wenn das keine Angst mehr auslöst, steigert man den Reiz, bis man vielleicht sogar eine riesige Spinne auf der Hand aushält. (mwa)