Grenzwachtregion
Aspiranten nutzen den Grenzübergang als Klassenzimmer

Grenzwächterinnen und Grenzwächter werden seit dem 1. Januar nach einem neuen Konzept ausgebildet. Nebst reichlich Theorie ist auch viel Praxis angesagt. Letztere eignen sich die Aspiranten der Grenzwachtregion VII in Stein an, wo sie ihren eigenen Grenzposten betreiben.

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Grenzwache

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Toni Widmer

«Führen Sie Waren mit?», fragt Sarah Rohner, wirft einen prüfenden Blick ins Auto, das den Grenzübergang vom deutschen Bad Säckingen ins aargauische Stein passieren will, und verlangt dann, freundlich, aber bestimmt nach einem Ausweis. Die 25-jährige Fislisbacherin wirkt sicher und professionell, die Autoinsassen merken kaum, dass sie hier nicht von einer routinierten Grenzwächterin kontrolliert werden, sondern von einer Aspirantin.

Grenzwächter

Grenzwächter werden können Schweizer Bürger, die zwischen 25 und 35 Jahre alt sind, eine dreijährige Berufslehre oder gleichwertige Ausbildung abgeschlossen haben, über einen tadellosen Leumund verfügen, körperlich leistungsfähig, nicht kleiner als 168cm (Männer) oder 160cm (Frauen) sind und den Fahrausweis Kat. B besitzen. Verlangt werden charakterliche Stärken wie Durchsetzungsvermögen, Ausgeglichenheit und Teamgeist. Die Ausbildung dauert ein Jahr bei vollem Gehalt. Infos: www.gwk.admin.ch. (to)

Eigenes Revier für Grenzernachwuchs

Bisher holten sich die GrenzwachtAspiranten ihre Handlungskompetenz auf den zugeteilten Grenzposten. Seit diesem Jahr hat der Nachwuchs der Grenzwachtregion VII am Grenzübergang Stein sein eigenes Revier und absolviert dort die praktische Ausbildung gemeinsam. Der stellvertretende Kommandant der Grenzwachtregion, Hans-Rudolf Vogel, sieht in diesem Konzept deutliche Vorteile: «Die Aspirantinnen und Aspiranten betreiben hier unter Anleitung von drei erfahrenen Coaches praktisch ihr eigenes Zollamt. Damit werden sie deutlich stärker in die Verantwortung eingebunden als bisher.

Sie werden zwar gut begleitet, müssen aber auch in kritischen Situationen weitgehend selbstständig handeln.» Sie holten sich so mehr Erfahrung als früher, wo ihnen erfahrenere Kollegen unter Umständen eine heikle Entscheidung abgenommen hätten, ist Vogel überzeugt.

Sarah Rohner lernte gestern im praktischen Einsatz den Umgang mit der mobilen Gepäckröntgenanlage (Mogra), bediente die Kasse im Zollhäuschen und machte normalen Patrouillendienst. Dort ergab sich für sie auch die Gelegenheit, Autos näher zu untersuchen und dabei ihre beruflichen Fähigkeiten auszuspielen: Die Fislisbacherin hat Automechanikerin gelernt, war dann als Truppenfeldweibel Zeitsoldat bei der Armee und kehrte, als Mitarbeiterin im Kundendienst, wieder in die Automobilbranche zurück. «Mein Job dort hat mich nie ganz befriedigt. Ich habe nach einer Beschäftigung gesucht, die mich fordert, viel Abwechslung bietet und bei der ich meine Sprachkenntnisse einsetzen kann sowie allenfalls auch das, was ich ursprünglich gelernt habe.»

Den Traumjob gefunden

Der Begeisterung nach zu schliessen, mit der sie von den ersten Monaten ihrer Ausbildung berichtet, scheint die junge, selbstbewusste Frau bei der Grenzwacht ihren Traumjob gefunden zu haben: «Der Theorieunterricht ist noch anspruchsvoller und vor allem umfangreicher, als ich mir das vorgestellt habe, und im März, beim ersten Praxismodul auf dem Grenzposten, war es gelegentlich bitterkalt. Die Ausbildung fordert mich sehr, aber sie gefällt mir überaus gut.» Rohner betont, bei der Grenzwacht auch in ein funktionierendes Team mit guten Kolleginnen und Kollegen eingebunden zu sein.

Sarah Rohner geht in ihrem neuen Beruf auf. Und sie ist auch stolz darauf, bereits ein paar Schmuggler erwischt sowie im Hohlraum eines Auto verstecktes Marihuana gefunden zu haben. Die Grenzwachtaspirantin weiss aber auch, dass sie in einem heiklen Bereich arbeitet: «Wir dringen bei unseren Kontrollen in die Privatsphäre anderer Leute vor. Da gilt es, den nötigen Respekt zu wahren. Ich behandle alle Leute so sensibel, wie ich selber auch behandelt werden möchte.»