Humor
Komiker Jan Böhmermann rechnet mit Österreich ab – und bringt den ORF arg in Verlegenheit

Österreichs Regierung ist bevorzugte Zielscheibe für den deutschen TV-Komiker Jan Böhmermann. Neue spätpubertäre Flegeleien bringen den ORF nun arg in Verlegenheit.

Rudolf Gruber, Wien
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Komiker Jan Böhmermann.

Komiker Jan Böhmermann.

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Grundsätzlich tun sich Österreicher schwer mit deutschem Humor. Manche sagen, die grossen Nachbarn hätten gar keinen, anderen ist er inhaltlich zu platt und sprachlich zu deftig. Satire müsse für Deutsche in kursiv gedruckt werden, damit sie auch verstünden, was gemeint sei, sagte schon der geniale Spötter Karl Kraus.

Eigentlich sollte der deutsche TV-Komiker Jan Böhmermann in der Sendung «Kulturmontag» im österreichischen Fernsehen ORF über seine realsatirische Ausstellung «Deuscthland#ASNCHLUSS#Östereich» (sic!) befragt werden, die kürzlich im Künstlerhaus in Graz eröffnet wurde. Doch das Vorhaben misslang, weshalb auch ungeklärt blieb, was an orthografischen Fehlern im Titel satirisch sein soll.

Es ist doch nicht normal, dass ein Land von einem 32-Jährigen geführt wird.

(Quelle: Jan Böhmermann im ORF-Interview über Sebastian Kurz)

Stattdessen legte Böhmermann mit einer Suada über die rechtskonservative Wiener Koalition los. Es sei, spielte er auf Kanzler Sebastian Kurz an, «nicht normal, dass ein Land von einem 32-Jährigen geführt wird». Vizekanzler Heinz-Christian Strache wiederum verbreite «volksverhetzende Scheisse auf Facebook».

Realsatire folgt auf den Fuss

Ob er derlei Fäkalsprache als Humor verstehe, vergass die Moderatorin Clarissa Stadler ihren Gast zu fragen. Letztlich musste Böhmermann selbst Humor-Anleihe just bei einem Österreicher nehmen, bei Thomas Bernhard, dem begnadeten Übertreibungskünstler, der einmal seine Landsleute «sechseinhalb Millionen Debile» schimpfte (da sie 1938 Hitler zujubelten). «Heute sind es acht Millionen», rechnete Böhmermann vor. Ha! Witzig.
Realsatire war eher die Reaktion des ORF, der sich – politischen Ärger fürchtend – in vorauseilendem Gehorsam von derlei teutonischen Ausfällen umgehend distanzierte. Als sei man sich des Risikos nicht bewusst gewesen, als man Böhmermann einlud.

Szene aus Böhmermanns Ausstellung in Graz.

Szene aus Böhmermanns Ausstellung in Graz.

Markus Krottendorfer

Zuvor wurde der TV-Ballermann mit der «Romy» ausgezeichnet, dem nach Romy Schneider benannten österreichischen TV-Oscar. Böhmermann liess sich auch diese Gelegenheit nicht entgehen, per Video sein Lieblingsopfer Kurz einen «durchgeknallten Kinderkanzler» und «schweigenden Fascho-Helfer mit den grossen Ohren» zu schmähen. Auch diesmal lieferte die «Kurier»-Chefredaktion, nach heftigen Protesten, den realsatirischen Beitrag hinterher: Von «Eklat» und «schlechtem Benehmen» war die Rede. So eine böse Überraschung.

In besagter Grazer Ausstellung zeigt Böhmermann durchaus satirische Schärfe. Thema ist das derzeit rechtsradikale Klima in Österreich. Etwa selektiert am Eingang eine «Passkontrolle» Besucher nach den Kategorien «Österreicher» und «Ausländer» – für Faschisten ist eine Hundeklappe vorgesehen. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wird mit einer lebensgrossen Fotomontage verhöhnt, die ihn als jungen Neonazi zeigt, der zum «Witzekanzler» wurde. Graz habe er gewählt, so Böhmermann, da es nahe «dem zweiten Problemland» Italien liege (wohl aus deutscher Sicht). Und Österreich nennt er «Ungarn light» – wegen der rigiden Migrationspolitik und der Neigung der Kurz/Strache-Regierung, Massenmedien gängeln zu wollen.

Hier ist das ganze Video in der ORF-Mediathek zu sehen.