Seveler Parteien sind vom Rücktritt von Roland Ledergerber überrascht

Die SP hat Verständnis für den Entscheid des Seveler Gemeindepräsidenten, die FDP nur teilweise. Der Gemeinderat hat den Rücktritt genehmigt.

Thomas Schwizer
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Die Zukunftsgestaltung des Areals Drei Könige (Bild) ist eine der vier wichtigen Vorlagen, die vom Volk in Sevelen abgelehnt wurden. Die vom Gemeindepräsidenten bei all diesen Vorlagen festgestellte Fundamentalopposition hat ihn zum vorgezogenen Rücktritt per Ende August bewogen.

Die Zukunftsgestaltung des Areals Drei Könige (Bild) ist eine der vier wichtigen Vorlagen, die vom Volk in Sevelen abgelehnt wurden. Die vom Gemeindepräsidenten bei all diesen Vorlagen festgestellte Fundamentalopposition hat ihn zum vorgezogenen Rücktritt per Ende August bewogen.

Bild: Heini Schwendener

In einem Leserbrief in der Dienstagsausgabe des W&O hat Gemeindepräsident Roland Ledergerber öffentlich mitgeteilt, dass er nach der Ablehnung der Abstimmungsvorlage für den Wärmeverbund Büelriet das Vertrauen der Bürgerschaft nicht mehr spüre. Deshalb trete er früher als angekündigt zurück, bereits mit Erreichen des Pensionsalters per Ende August.

Gemeinderat genehmigte Ledergerbers Rücktritt

Der Seveler Gemeinderat teilte am Dienstag mit, dass er am Montagabend den Rücktritt per 31. August 2020 genehmigt habe. «Er bringt Verständnis für diesen Schritt auf, bedauert ihn gleichzeitig sehr.» Weiter heisst es: «Wie sich der Rat mit der Vakanz im Präsidium bis Ende Jahr organisieren wird, legt er bis zu den Sommerferien fest.» Er werde zu gegebener Zeit informieren.

Roland Ledergerber, Gemeindepräsident von Sevelen.

Roland Ledergerber, Gemeindepräsident von Sevelen.

Bild: Heini Schwendener

Der W&O wollte von den Ortsparteien wissen, wie sie diesen Entscheid des Gemeindepräsidenten beurteilen.

FDP: «Von der emotionalen Seite her zu verstehen»

Vom zeitlich vorgezogenen Rücktritt zeigt sich Markus Scheurer, Präsident der FDP Sevelen, auf Anfrage überrascht. Von der emotionalen Seite her könne er den Entscheid zwar verstehen, sagt er.

Aber alle hätten einen korrekten Abschluss der Amtszeit von Roland Ledergerber verdient, stellt Scheurer fest. Schliesslich habe die Bevölkerung dem Gemeindepräsidenten in seinen fast zehn Amtsjahren mehrmals das Vertrauen geschenkt mit der (Wieder-)Wahl. Er hätte es als fair erachtet, wenn Ledergerber die Amtszeit wie angekündigt fertiggemacht hätte. Schliesslich habe man sich als Behördenmitglied für vier Jahre zur Wahl gestellt.

Das Nein zum Wärmeverbund Büelriet vom Sonntag sei ein demokratischer Entscheid, den es zu akzeptieren gelte, auch wenn der Gemeinderat sich nicht habe durchsetzen können.

«Kritisches Hinterfragen ist ein demokratisches Recht»

Bekanntlich stehen einige der vom Gemeindepräsidenten in seinem Leserbrief kritisierten Pensionäre, welche die Wärmeverbundsvorlage mit ihrer Kritik massgeblich zu Fall gebracht haben, der FDP nahe. Gemäss Scheurer war ein Grossteil der Kritiker dieser Vorlage früher Mitglied der FDP, ein kleiner Teil sei es noch heute. Markus Scheurer stellt fest:

«Die Leute, welche die Vorlage kritisierten, hatten wohl ihre Gründe.»

Kritisches Hinterfragen sei ein demokratisches Recht. Ob die Leserbriefschreiber mit ihrer Kritik auf dem richtigen Weg gewesen seien, bleibe dahingestellt, stellt FDP-Präsident Scheurer fest.

Schliesslich hatte auch der FDP-Parteivorstand für diese Abstimmungsvorlage die Nein-Parole beschlossen, weil – durch die Coronamassnahmen bedingt – keine Parteiversammlung stattfinden konnte. «So wie die Vorlage unterbreitet wurde, passte sie uns nicht», sagt Scheurer.

Sinnvoll wäre Einbezug in Entscheidfindungsprozess

Der FDP-Präsident schildert die Gemütslage in der Ortspartei. Man habe den Eindruck, dass man immer vor vollendete Tatsachen gestellt werde.

«Sinnvoll wäre es, wenn die Informationen frühzeitig direkt an die Parteien fliessen würden, und zwar schon im Entscheidfindungsprozess.»

So könnte man, statt nur einseitig zu informieren, die Leute rechtzeitig mit ins Boot holen, ihre eingebrachten Verbesserungsvorschläge abholen und einbeziehen.

Lieber als Nein zu sagen hätte der FDP-Vorstand mitgeholfen, das mit dem Wärmeverbund in die richtige Bahn zu lenken. Dazu hätte aus Scheurers Sicht gehört, dass die Bürgerschaft zum Beispiel eine Auswahl mit einem echten Alternativvorschlag erhalten hätte.

SVP: «Man konnte nicht darüber diskutieren»

Christian Giger ist Präsident der SVP-Ortspartei. Er zeigt sich auf Anfrage vom vorzeitigen Rücktritt des Gemeindepräsidenten überrascht: «Damit habe ich nicht gerechnet.» Da er sich damit noch nicht vertieft befasst habe, wolle er diesen Schritt von Roland Ledergerber nicht beurteilen.

Mit der abgelehnten Wärmeverbundsvorlage habe sich die SVP Sevelen vor der Abstimmung nicht vertieft befasst, weil wegen der Massnahmen gegen das Coronavirus keine Versammlung mehr möglich gewesen sei. Deshalb habe man keine Parole beschlossen. Giger sagt:

«Grundsätzlich hatten wir nichts gegen die Vorlage, sondern waren eher dafür.»

Es sei schade, dass auf eine Informationsversammlung verzichtet werden musste und damit auf die Möglichkeit, Antworten auf kritische Fragen zu erhalten und eine Diskussion zu führen. Das habe zur Meinungsbildung gefehlt. So habe die Bevölkerung nur lesen können, was im Gutachten und in Leserbriefen stand, stellt Giger fest.

SP attestiert Ledergerber Charakterstärke

«Ich habe Verständnis für den vorgezogenen Rücktritt von Roland Ledergerber», stellt Pia Linke fest. «Irgendwann ist die Grenze des persönlich Tragbaren erreicht», hält die SP-Präsidentin fest. «Er tritt zurück und ist damit konsequent. Das ist besser als noch vier Monate weiterzumachen, nur um Lohn zu kassieren. Das finde ich ist Charakterstärke und darum positiv.»

Sie erinnert sich an ihre zwölfjährige Tätigkeit im Gemeinderat, was noch vor dem Amtsantritt von Roland Ledergerber war. Sie blickt zurück:

«Es war damals ruhiger, die Bevölkerung hatte noch Vertrauen in die Entscheide des Gemeinderates.»

«Dass der Gemeindepräsident es nun als frustrierend empfindet, nicht Gescheites durchzubringen, kann ich nachvollziehen», sagt die Präsidentin der SP-Ortspartei. Da würden der Gemeinderat und der Gemeindepräsident Fachleute beiziehen, Argumente vorbringen «und die Leute glauben es nicht». Damit spricht Pia Linke die vier Vorlagen an, welche in den letzten Jahren abgelehnt wurden. Ledergerber hat am Montag die Strassenraumgestaltung, den Standort des Betagtenheims, die Zukunftslösung für das Drei-Könige-Areal und jetzt den Wärmeverbund genannt.

«Es ist wohl eine grundsätzliche Opposition»

Die vom Gemeindepräsidenten beklagte Fundamentalopposition kann Pia Linke nachvollziehen. «Es hat wohl wirklich mit grundsätzlicher Opposition zu tun, vor allem gegen die Person Roland Ledergerber.»

Die Bürgerlichen, so lautet ihr Eindruck, seien von Anfang an gegen ihn gewesen. «Es ist wirklich schade, wenn man in einem Dorf so politisieren muss.» Man müsse doch offen sein und Ideen von jemandem eine Chance geben, auch wenn er nicht aus der eigenen Partei sei, kann sich die SP-Präsidentin einen Seitenhieb an die FDP und SVP nicht verkneifen.

«Gemeinderat hat sich sehr bemüht zu informieren»

Als Schwierigkeit habe sich wohl erwiesen, dass der parteilose Roland Ledergerber vor seinem Amtsantritt als Gemeindepräsident keine politischen Erfahrungen hatte. Deshalb habe er den Mechanismus nicht gekannt, um wichtigen Anliegen zum Durchbruch zu verhelfen, stellt die SP-Präsidentin fest. Als Beispiele nennt sie: Seilschaften bilden, den Weg vorspuren, die persönlichen Kontakte pflegen. Pia Linkes persönlicher Ausdruck:

«Er fand wohl, dass es genügt, wenn Entscheide im Rat gefällt wurden.»

Dennoch hätten sich der Gemeindepräsident und der Gemeinderat sehr bemüht und «einen Riesenaufwand betrieben, um die Bevölkerung zu informieren und mitzunehmen», attestiert ihnen Pia Linke. Immer wieder sei zur Mitwirkung in Arbeitsgruppen aufgerufen worden, um Ideen einzubringen. Zudem seien viele Informationsveranstaltungen durchgeführt worden.