Entwicklungschancen sieht der Gemeinderat von Lichtensteig entlang der Bürgi- und der Loretostrasse. Trotzdem muss das Städtli zwei Hektaren Bauland auszonen. Bis Mitte Januar 2022 kann sich die Bevölkerung zum Entwurf für den Richtplan äussern.
Die Überarbeitung der Ortsplanung ist für Lichtensteig eine Herausforderung, muss die Gemeinde doch auf Anweisung des Kantons 20'000 Quadratmeter Bauland auszonen. Die Umteilung von der Bau- in die Landwirtschaftszone ist für die betroffenen Grundbesitzer mit grossen Wertverlusten verbunden.
Am Dienstagabend informierten der Stadtpräsident Mathias Müller und der von der Gemeinde beauftragte Planer Armin Meier vor rund 30 Personen in der Kalberhalle über den Entwurf des Richtplans. Der Entwurf ist auch im Internetauftritt der Gemeinde einsehbar.
Die Bevölkerung kann sich noch bis zum 17. Januar 2022 im Mitwirkungsverfahren einbringen. Der Richtplan wird danach vom Gemeinderat beschlossen und muss vom Kanton genehmigt werden. Erst danach werden der Zonenplan und das Baureglement angepasst.
Momentan sind in Lichtensteig rund 100 Wohnungen in Bau. Jeder zusätzliche Einwohner bringe der Gemeinde 3500 Franken als Steuern oder als Finanzausgleichsbeitrag, sagte der Stadtpräsident. Heute zählt Lichtensteig 1900 Einwohner, es könnten aber 2200 Personen sein, ohne dass die Infrastruktur erweitert werden muss.
Wie Armin Meier erläuterte, verlangt das Raumplanungsgesetz (RPG), dass vor allem Bauland an peripheren Flächen reduziert wird. Wachstum sieht das RPG dort vor, wo es eine gute Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr gibt. Komfortsteigerungen durch grössere Wohnflächen sind laut RPG nur dank Innenverdichtung zulässig.
Der Kanton gibt die Einteilung des Baugebiets in vier Kategorien vor. So sind Gebiete vorzusehen, in denen die Bewahrung der Baustruktur Priorität hat. Das ist in Lichtensteig etwa die Altstadt, die schon sehr dicht überbaut ist. Die Quartiere, untere und obere Platten sowie Meienberg sind Beispiele für Gebiete, in denen eine Aufwertung angezeigt ist.
Eine Weiterentwicklung, zum Beispiel durch die Zusammenfassung von Grundstücken, sieht der Richtplanentwurf etwa im Gebiet Hof oder entlang der Bürgistrasse vor. Die vierte Kategorie bildet das Gebiet, das neu gedacht respektive umstrukturiert werden kann. Beispiele sind die Steigrüti oder das Areal der Blockfabrik.
Über drei Areale hat der Gemeinderat eine Planungszone verhängt, dies im Hinblick auf eine Auszonung. Es handelt sich um das dreieckige Areal zwischen der Erlebniswelt und der Loretostrasse, um ein kleineres Grundstück nördlich der Blockfabrik und um ein Stück Land zwischen Schabeggweg und Bürgistrasse oberhalb des Schützenhauses Tellsburg.
Entlang der Bürgistrasse sieht die Gemeinde viel Potenzial für eine Entwicklung. Das Gleiche gilt für die Loretostrasse mit ihren vielen sanierungsbedürftigen Häusern. Die Loretostrasse soll zudem für Velofahrer sicherer und in den verschiedenen Abschnitten unterschiedlich gestaltet werden. In der Steigrüti soll die Loretostrasse auf beiden Seiten ein Trottoir erhalten.
Auf eine entsprechende Frage bestätigte der Stadtpräsident, dass die Firma Kägi noch Raum für Erweiterungen hat, zum Beispiel in Richtung Loretostrasse. Hingegen wolle der Kanton nicht, dass sich neue grosse Unternehmen in Lichtensteig ansiedelten. Für sie sei das Lerchenfeld in Bütschwil-Ganterschwil gedacht.
Ein Zuhörer wehrte sich vehement gegen eine Verdichtung im Einfamilienhaus-Quartier in der Steigrüti. Mathias Müller garantierte ihm jedoch, dass dieses Gebiet abgezont wird, damit es ein Einfamilienhaus-Quartier mit zweistöckigen Häusern bleibt.
Armin Meier wies jedoch darauf hin, dass man mit wenigen Ausnahmen in ganz Lichtensteig dichter bauen kann, als das heute der Fall ist. Auch im Einfamilienhaus-Quartier in der Steigrüti wären Wohnblöcke zulässig. Auf der anderen Seite hat Lichtensteig laut Armin Meier dank der relativ lockeren Bebauung Potenzial für die Verdichtung im Innern.
Auch die Frage der Entschädigung für Auszonungen kam zur Sprache. Man gewann den Eindruck, dass beide Referenten sich bemühten, die Hoffnungen auf Entschädigungen zu dämpfen. Wie Armin Meier erläuterte, müssen betroffene Landbesitzer Entschädigungen vor Gericht erstreiten. Sie können das erst tun, wenn eine Auszonung rechtskräftig ist.
Es gebe hierzu offene Fragen, da eine Rechtspraxis fehle, sagte Armin Meier. Einige Baujuristen argumentierten, dass die bevorstehenden Auszonungen von Bauland im juristischen Sinn keine Auszonungen, sondern Nicht-Wiedereinzonungen seien. Der Unterschied: Jene sind entschädigungspflichtig, diese nicht.
Mathias Müller wies darauf hin, dass die Schätzwerte, die die Basis der Entschädigungen bilden, oft tiefer liegen als die Preise, die man auf dem freien Markt bekäme. Das hat Folgen nicht nur bei Auszonungen, denn wie Armin Meier erläuterte, muss laut Raumplanungsgesetz eingezontes Bauland innert 15 Jahren überbaut werden. Wenn das nicht geschieht, kann die Gemeinde gegen Entschädigung ein Kaufrecht geltend machen.