Die Gemeinde Lichtensteig leistet einen finanziellen Beitrag an den Einbau von kleinen Holzheizungen, gleich wie die Mehrzahl der Toggenburger Gemeinden. Vom Kanton gibt es dagegen nichts mehr. Landesweit ist die Zahl der Holzheizungen seit 1990 stark gesunken. Ganz anders entwickelte sich der Verbrauch von Energieholz.
Der Votant findet es paradox. Er erwägt, die Heizung seines Einfamilienhauses in Lichtensteig durch eine Holzpellet-Heizung zu ersetzen. Von der Gemeinde gäbe es dazu eine Förderung. Lobenswert. Vom Kanton gebe es nichts. Das war am Rand eines Informationsanlasses in Lichtensteig, bei dem die Gemeinde die Resultate einer Umfrage unter Hausbesitzern vorstellte, zu erfahren.
Stimmt diese Kritik? Und wenn ja, weshalb fördert der Kanton nicht? Es stimmt. Das bestätigt Lorenz Neher, Leiter Energieberatung bei der Energie-Agentur St.Gallen. Er liefert gleich die Begründung mit.
Eine Förderung durch den Kanton sei unnötig, weil viele Gemeinden und seit Frühling 2021 auch Energie-Zukunft Schweiz die kleinen Holzheizungen (< 70 Kilowatt / kW) förderten, schreibt Lorenz Neher. Es gebe aber parlamentarische Vorstösse, grosse Holzfeuerungen (> 70 kW thermische Leistung) wieder zu unterstützen.
So hat der St. Galler Kantonsrat im Februar 2021 eine Standesinitiative aus der CVP-EVP-Fraktion gegen den Willen des Regierungsrats überwiesen. Die Initiative strebt an, dass mit Holz befeuerte Heizzentralen für Wärmeverbünde auch ausserhalb der Bauzonen stehen dürfen. In den eidgenössischen Räten ist diese Standesinitiative noch nicht behandelt worden.
Die Zahl der Holzheizungen in der Schweiz lässt sich laut Lorenz Neher nur schätzen. Er geht von rund elf Prozent der Gebäude aus, die mit Holz beheizt werden. Die Zahl stammt aus der Energiestatistik und ist überraschend hoch.
Das erklärt sich laut Lorenz Neher dadurch, dass die Häuser mitgezählt sind, die an mit Holzschnitzelfeuerungen betriebenen Fernwärmenetze hängen. Ein Beispiel sei das Netz der Thurwerke in Wattwil. Die Zahl der mit Holz beheizten Gebäude sei ohnehin aussagekräftiger als andere Werte, fügt er an.
Landesweit haben die Holzheizungen von 1990 bis 2019 nicht etwa zu-, sondern um rund 20 Prozent abgenommen, von 692'491 auf 549'327 Anlagen. Für den Rückgang sind ausschliesslich die Stückholzheizungen verantwortlich, von denen es vor drei Jahren noch gut eine halbe Million Anlagen gab, nach fast 700'000 Anlagen im Jahr 1990. Gemäss Lorenz Neher findet man im Toggenburg noch viele Stückholzheizungen.
Die Schnitzelheizungen nahmen seit 1990 landesweit von 3259 auf 11'267 Anlagen zu. Die Zahl der Pelletheizungen stieg von null auf 29'096 Anlagen. Dazu kommen 93 Altholzfeuerungen mit Wärme-Kraft-Koppelung. 1990 waren es noch 22 Anlagen.
Die Zahl der Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) stieg von 26 auf 30. Sie verbrennen zunehmend ebenfalls Altholz. Die drei KVA im Kanton haben laut Lorenz Neher alle Wärmenetze. Bazenheid ist das kleinste Netz von ihnen. Es wird aber ausgebaut, und eine Ausdehnung in die Stadt Wil ist wieder aufs Tapet gekommen.
Wenn man davon ausgehe, dass St.Gallen bevölkerungsmässig sechs Prozent der Schweiz ausmache, dürften im Kanton rund 30’500 Stückholz- und 1750 Pelletheizungen stehen, hält Lorenz Neher fest.
1990 wurden landesweit rund 3,25 Millionen Festmeter Energieholz verbrannt. 2019 waren es schon 5,25 Millionen. Sechs Prozent davon sind etwa 315’000 Festmeter pro Jahr, was 177’000 Tonnen CO2 einspart. Heutzutage sei aber der Trend zu Wärmepumpen sehr stark: 2021 habe das Förderprogramm von Energietal Toggenburg 122 Wärmepumpen- und sechs Holzheizungen berücksichtigt, sagt Lorenz Neher.
Ein Wärmeverbund könnte wegen der Preissteigerungen bei Erdöl und -gas für Lichtensteig wieder ein Thema werden, hatte Stadtpräsident Mathias Müller am 4. April gesagt. Damals wurden in der Kalberhalle die Ergebnisse der Umfrage unter den Hausbesitzern präsentiert. Vor rund zehn Jahren gab es solche Überlegungen. Für einen Wärmeverbund käme vor allem der Siedlungskern um die Altstadt in Frage.
Denkbar ist laut Mathias Müller auch die Förderung von Nahwärmeverbünden, bei denen einige Häuser eine gemeinsame Heizung haben. Die Ergebnisse der Umfrage böten da eine gute Grundlage, um zu sehen, wo solche Lösungen möglich seien.
Bisher hat der Gemeinderat von Lichtensteig keine Beiträge im Rahmen des Förderprogramms gesprochen. Das Angebot sei sehr jung, gibt Mathias Müller zu bedenken. Der Topf für die Förderung sei für alle erneuerbaren Heizungen bestimmt. Der Hausbesitzer müsse entscheiden, was im konkreten Fall die beste Lösung sei.
Laut Lorenz Neher fördern acht Toggenburger Gemeinden Holzheizungen und die Energie-Agentur besorgt die administrative Abwicklung der Gesuche. Es handelt sich neben Lichtensteig um Bütschwil-Ganterschwil, Ebnat-Kappel, Lütisburg, Mosnang, Nesslau, Wattwil und Wildhaus-Alt St.Johann.
Aus der Sicht von Energietal Toggenburg seien Zuschüsse an Holzheizungen sinnvoll, denn das Toggenburg habe viel Wald und Holzheizungen unterstützten die lokale Wirtschaft. Das sagt Christoph Kauz, Geschäftsführer von Energietal Toggenburg.
Auch er bestätigt den Trend zu Wärmepumpen. Man versuche vor allem Hausbesitzer, die Wald besässen, davon zu überzeugen, beim Holz zu bleiben. Dabei handle es sich nicht unbedingt um Bauern.