Gewaltbereite Basel-Fans haben am Samstag in Guntershausen die Notbremse gezogen, um sich mit St.Galler Hooligans zu prügeln. Das hatte auch Auswirkungen auf den übrigen Bahnverkehr. Zum Ausmass der Verspätungen hält sich die SBB bedeckt.
Reto Schärli gibt sich wortkarg. Zu den Verspätungen nach der Hooligan-Schlägerei in Guntershausen sagt der SBB-Sprecher kaum etwas. Weil die Hooligans den Extrazug der Basel Fans mit der Notbremse gestoppt hatten, kam es auf acht Zuglinien zu Zugausfällen und Verspätungen. Welche Linien wie stark betroffen waren, verrät SBB-Sprecher Schärli nicht.
An der Schlägerei beteiligt waren rund 100 Hooligans aus St.Gallen und Basel. Das Schlachtfeld, bezeichnenderweise im Gebiet "Kleinbasel", hatten sie vorgängig festgelegt. Nach der nur wenige Minuten dauernden Keilerei gingen die Basler wieder an Bord um weiter zu reisen. Für sie hatte der Zwischenhalt kaum Konsequenzen. Trotz 40 Minuten Verspätung waren sie pünktlich zum Anpfiff im Stadion. Den Extrazug wieder in Gang zu bringen hatte für die SBB oberste Priorität, damit die Strecke wieder freigegeben werden konnte. "Zudem sollen die vielen friedlichen Fans, die ans Spiel reisen wollen, auch nicht unter dem Verhalten ihrer Mitfahrer leiden", sagt Schärli.
Szenen vom "Hooligan-Rendevouz" am Samstag in Guntershausen
Dass Fans ihre Extrazüge per Notbremse zum Stehen bringen, ist laut Schärli "leider keine Seltenheit". Anfang März blockierte ein Basler Extrazug in Zürich Altstetten gar die Ost-West-Achse. Der ganze Zugverkehr im Grossraum Zürich wurde dadurch massiv gestört, was landesweite Auswirkungen hatte.
Im Februar 2016 verabredeten sich Chaoten aus St.Gallen mit gewaltbereiten YB-Fans zu einer Schlägerei in Flums. Letztere kamen mit dem Extrazug aus Vaduz und hielten dort per Notbremse. Beim Scharmützel mit rund 40 Beteiligten war die Polizei aber schnell vor Ort und verhaftete zehn Personen. Die YB-Fans, die sich dem Zugriff entziehen konnten, gelangten im Extrazug nach Bern.
Auch St.Galler Fussballfans greifen hin und wieder zur Notbremse. Ein beliebtes Ziel dafür war in der Vergangenheit Wil. So stiegen dort im Herbst 2015 rund 20 bis 30 Fans aus, die von der Polizei aber zurückgedrängt werden konnten. Auch 2009 zogen Fans im Bahnhof Wil die Notbremse. Rund 100 St.Galler suchten die Konfrontation mit Wilern. Die Kantonspolizei trennte die Gruppen.
Die SBB veröffentliche keine aktuelle Statistik zu Notbremsungen von Fanzügen, sagt Schärli. Eine Kostprobe lieferte Verkehrsministerin Doris Leuthard aber im Nationalrat: In der Saison 2013/14 sei in 76 Extrazügen 23mal die Notbremse gezogen worden. "In solchen Fällen erstatte die SBB Anzeige", sagt Schärli. Dieses Wochenende gegen unbekannt. Zu den Erfolgsaussichten einer solchen Anzeige will sich der SBB-Mediensprecher ebenfalls nicht offiziell äussern.
Wenn Fussballfans den Zugverkehr stören, werden sie kaum je zur Kasse gebeten. Einer der seltenen Fälle, in denen dies gelang, spielte sich 2012 in St.Gallen statt. Anhänger des FC Luzern hatten mit einer Sitzblockade den Bahnhof St.Gallen Winkeln blockiert. Sie wollten andere Fans, die wegen Pyros verhaftet worden waren, freipressen.1400 Verspätungsminuten bei 30 bis 40 Zügen kamen dabei zusammen, wie die SBB berechnete. Die Kosten von rund 7000 Franken musste ein 21-jähriger Luzern-Fan tragen - weil er als einziger Chaot identifiziert worden war, haftete er solidarisch. Hinzu kamen eine bedingte Geldstrafe von 7500 Franken sowie eine Busse von 800 Franken. Es war das erste Mal, dass die SBB vor Gericht Schadenersatz für Verspätungen nach Krawallen forderte. Zu den Kosten des jüngsten Vorfalls in Guntershausen will SBB-Sprecher Schärli aber ebenfalls nichts sagen.