Jeder sieht sich als Experte

WIDNAU. Auf ähnliche Fragen wie Urs Dahinden (Seite 1) antwortet Ulrich Bärtsch, Leitender Sachbearbeiter Verkehrstechnik bei der Kantonspolizei St. Gallen (leicht gekürzt).

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Stelen markieren die geschützten Übergänge für Fussgänger. (Bild: René Schneider)

Stelen markieren die geschützten Übergänge für Fussgänger. (Bild: René Schneider)

Die Gestaltung von Strassen auf Gemeindegebiet liegt bei der Standortgemeinde. Die Ausgestaltung von Verkehrsberuhigungsmassnahmen hat sich an Normen und Richtlinien zu halten. Die Gestaltungsmassnahmen dürfen die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigen. Die Kantonspolizei begleitet Projekte und konzentriert sich auf strassenverkehrsrechtliche Aspekte und die Sicherheit. Sie nimmt bezüglich Art der Massnahmen nicht konkret Einfluss.

Schwellen und Pflästerungen

Schwellen dienen der Reduktion der Geschwindigkeit auf Quartierstrassen und in Quartieren. Vielfach erfolgt die Einrichtung von Verkehrsberuhigungsmassnahmen durch die Gemeinden auf Wunsch der Anwohner, die tiefere Geschwindigkeiten auf ihren Strassen wünschen. Sofern solche baulichen Massnahmen korrekt projektiert und ausgeführt werden, behindern sie weder Rettungsfahrzeuge, noch die Schneeräumung oder Velofahrer und Rollstuhl-/Rollatorbenützer.

Meist werden nur Trottoirüberfahrten gepflästert. Dies dient der besseren Erkennbarkeit der Trottoirüberfahrt, welche den Vortritt gegenüber Fussgängern auf dem Trottoir und den Fahrzeugen auf der Querfahrbahn regelt. (Wer … über ein Trottoir auf eine Haupt- oder Nebenstrasse fährt, hat den Benützern dieser Strassen den Vortritt zu gewähren [VRV Art. 15].)

Mitbestimmung und Vortritt

Bei Strassenbauprojekten und/oder Gestaltungsmassnahmen besteht gemäss kantonalem Strassengesetz eine Auflagepflicht. Die Federführung ist bei der Gemeinde. Zur Haftung in beruhigten Zonen: Im Grundsatz sind die Verkehrsregeln (Strassenverkehrsgesetz [SVG]; SR 741.01) massgebend. Jedermann muss sich im Verkehr so verhalten, dass er andere in der ordnungsgemässen Benützung der Strasse weder behindert noch gefährdet (Art. 26 Abs. 1). Besondere Vorsicht ist geboten gegenüber Kindern, Gebrechlichen und alten Leuten, ebenso wenn Anzeichen dafür bestehen, dass sich ein Strassenbenützer nicht richtig verhalten wird (Art. 26 Abs. 2). Den Fussgängern ist das Überqueren der Fahrbahn in angemessener Weise zu ermöglichen (Art. 33). Ebenso ist festgehalten, dass Fussgänger ausserhalb von Fussgängerstreifen den Fahrzeugen den Vortritt zu gewähren haben (Verkehrsregelverordnung [VRV]; SR 741.11; Art. 47). Der «Vortritt» ist somit klar geregelt, nur wird mehr gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz gefordert.

Die Planung des Doppelkreisels in Au liegt nicht im Kompetenzbereich der Kantonspolizei, sondern des Strasseneigentümers (Bund [Astra], Kanton [Tiefbauamt], Gemeinde). Die Ursache für das angebliche Nichtfunktionieren einer Verkehrsanlage muss nicht ausschliesslich bei der Anlage liegen. Hinterfragt werden darf auch das Verkehrsverhalten der Strassenbenützer.

Vortritt Untertor Altstätten

Der Vortritt wird durch die deutliche, klar erkennbare Trottoirüberfahrt geregelt. Das Signal «Stop» darf nur dort angebracht werden, wo infolge fehlender Sicht ein Halt unerlässlich ist (Signalisationsverordnung [SSV]; SR 741.21, Art. 36 / 7). Dies ist beim Untertor in Altstätten nicht der Fall. Ein «Stop»-Signal, dass unberechtigterweise angebracht wird, führt zu Übertretungen (Missachten Stop, Rollstop), was nicht im Sinn des Gesetzgebers und des Verkehrsteilnehmers ist.

Allgemein kann festgehalten werden: Bei Verkehrsfragen scheiden sich die Geister. Vor allem aus dem Grund, da viele Leute gegen alle Normen, Studien und Erfahrungswerte glauben, eine vermeintlich bessere Lösung parat zu haben. (sc)