Startseite
Ostschweiz
Ressort Ostschweiz
Sollen Patientinnen und Patienten, die wegen einer Bagatelle die Notfallstation an einem St.Galler Spital aufsuchen, künftig eine Gebühr entrichten müssen? Diese Frage werfen drei Kantonsräte auf. Die Regierung prüft einen anderen Weg.
Die Notfallstationen an den Spitälern wissen vielerorts weder ein noch aus. Sie sind am Anschlag. Patientinnen und Patienten zuhauf. Auch im Kanton St.Gallen. Doch was sind die Gründe? Die Spitalschliessungen? Eine generelle Verunsicherung der Bevölkerung seit der Covid-Pandemie? Die Bagatellfälle? Der Fachkräftemangel? Das Bevölkerungswachstum? Der Hausärztemangel? Bekannt sind die Folgen: lange Wartezeiten, verärgerte Patientinnen und Patienten, Verlegungen in andere Spitäler.
Die Situation der Notfallstationen der Spitäler treibt auch die Mitte-Kantonsratsmitglieder Thomas Warzinek, Mathias Müller und Luzia Krempl-Gnädinger um. Sie haben deshalb einen Vorstoss eingereicht. Nun liegt die Antwort der Regierung vor. Und sie gibt Entwarnung, teilweise jedenfalls.
So hält die Regierung ganz klar fest: Die Gefahr, dass sich die St.Galler Spitäler nicht mehr um die echten oder schweren Notfälle kümmern könnten, bestehe nicht.
«Die Behandlung von schweren Notfällen ist jederzeit gewährleistet.»
Doch auch die Regierung beobachtet, wie die drei Parlamentsmitglieder, dass viele Patientinnen und Patienten direkt den Spitalnotfall aufsuchen, «obwohl dies medizinisch nicht nötig wäre» und auch eine Hausarztpraxis oder eine Apotheke weiterhelfen könnten. Dennoch steht die Regierung einer Notfallgebühr für Bagatellfälle kritisch gegenüber. Sie will woanders ansetzen: bei den integrierten Notfallpraxen.
Solche Notfallpraxen, die von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten betrieben werden, gibt es im Kantonsspital, im Spital Wil und im Spital Linth. Leichtere Fälle oder Bagatellfälle werden ihnen zugewiesen, um die Wartezeiten im Notfallzentrum zu verkürzen. Die Regierung will nun – nicht zuletzt aufgrund der Zunahme von Bagatellfällen – prüfen, ob die Öffnungszeiten dieser integrierten Notfallpraxen ausgedehnt werden können. Ihre Öffnungszeiten unterscheiden sich stark; am Spital Linth ist die Notfallpraxis nur am Wochenende geöffnet, in Wil unter der Woche erst ab Mittag, am längsten finden Patienten Hilfe am Kantonsspital, nämlich an allen Wochentagen bis 23 Uhr.
Die Regierung ist überzeugt, dass längere Öffnungszeiten zu einer weiteren Entlastung und zu kürzeren Wartezeiten auf der Notfallstation führen können – insbesondere im Kantonsspital. «Die Situation bleibt dort aber anspruchsvoll und herausfordernd», so die Regierung. Denn am Kantonsspital könnten bis zur Eröffnung des neuen Notfallzentrums im Haus 07A/07B vorerst nur organisatorische Massnahmen eine gewisse Erleichterung bringen. Anders in Wil.
Dort wurden im Dezember die Arbeiten für das erweiterte Notfallzentrum abgeschlossen – eine Reaktion auf die steigende Zahl von Patienten. Noch im Sommer mussten immer wieder Patienten von Wil verlegt werden; inzwischen habe sich die Zahl der Verlegungen wieder auf dem Niveau früherer Jahre stabilisiert, so die Regierung. Das Kantonsspital und das Spital Wil waren jene beiden Spitäler im Kanton, die im ersten Halbjahr 2022 besonders viel mehr Notfallbehandlungen zu bewältigen hatten – als Folge der Spitalschliessungen in Flawil, Rorschach, Heiden und Appenzell.
In Grabs wird die Notfallstation bis Mitte dieses Jahres vergrössert. Und auch dort soll eine integrierte Notfallpraxis realisiert werden; derzeit laufen Gespräche mit in der Region tätigen Ärztinnen und Ärzten. Auch das Spital Linth plant, den Notfallbereich auszubauen. Dieses Jahr wird eine Machbarkeitsstudie erstellt.