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Ostschweiz
Arbon, Kreuzlingen, Weinfelden
Am Mittwochabend hat Geologe Andreas Blum in der Vortragsreihe «Kreuzlingen entdecken» über den Boden referiert. Interessant sind dabei vor allem zwei Bohrungen. Bei der letzten wurde das Thermalwasser gefunden, welches heute das Egelseebad speist.
Der Untergrund ist gerade in den Blickpunkt der Menschen gerückt. Mit Erdwärme will man die fossilen Brennstoffe ersetzen. Das wäre gut fürs Klima und für die Unabhängigkeit von Förderländern. Insofern kam der Vortrag des Geologen Andreas Blum im Rahmen der Reihe «Kreuzlingen entdecken» gerade recht.
«Worauf wir stehen» hatte er sein Referat genannt, und sorgte dabei gleichzeitig für eine Erklärung, warum die Kreuzlinger Basilika und die Konstanzer Altstadt wie auf einem perfekten Bogen angeordnet stehen: «Vor 18’000 Jahren reichte ein Gletscher genau bis zu uns. Seine Grundmoräne ist perfekter Baugrund, weil der Boden stark verdichtet ist.» Wer in einer Baugrube auf eng zusammengepresstes Geröll trifft, hat Glück. Stösst man dagegen auf die instabile Seekreide, muss man tiefe Pfähle setzen, um ein Fundament zu legen.
Der Gletscher, der in seiner Hochzeit über Kreuzlingen 500 Meter dick war, hat viele Spuren hinterlassen. Der Moränenwall ist immer noch sichtbar. Ausserdem wird mit den Eismassen Gestein aller Arten und Grössen transportiert. Im Stadtgebiet zeugen diverse imposante Findlinge davon – mal aus Gneis an der Käsbachstrasse, mal aus Sandstein im Seeburgpark.
Auf der Suche nach Erdöl in Kreuzlingen
Man weiss deshalb einiges über den Untergrund von Kreuzlingen, weil sowohl in den Sechziger- wie auch in den Achtzigerjahren Probebohrungen vorgenommen wurden. Beim ersten Versuch im Süden der Stadt war man auf der Suche nach Erdöl. Die Suezkrise hatte den Menschen klargemacht, dass eine eigene Ölquelle durchaus erstrebenswert wäre.
Bis in eine Tiefe von 2560 Metern bohrte man und erkannte Schicht um Schicht die Erdgeschichte. Proben davon lagern noch immer im Magazin des Naturmuseums in Frauenfeld. Auf nennenswerte Öl-Vorkommen stiess man nicht.
Beim zweiten Versuch suchte man in der Innenstadt beim heutigen Dreispitz nach Erdgas und schuf ein 655 Meter tiefes Loch. Auch das war vergebens – jedenfalls fast. Man stiess immerhin auf warmes Thermalwasser, das seit 1995 das Egelseebad speist. «Wir haben untersucht, ob man dieses Wasser auch im geplanten Rekadorf nutzen könnte und sind überzeugt, dass genug Wasser für beide Verbraucher vorhanden wäre», sagt der Wissenschaftler.
«Wenn man sehr viel Wasser abpumpt, sinkt zwar der Druck kurzfristig, stabilisiert sich aber auch schnell wieder. Es fliesst Wasser nach.»
Woher es kommt, weiss man nicht genau, nur, dass es sich langsam in Richtung Toggenburg bewegt. «Aufgrund einer Radioisotopenanalyse können wir ausserdem sagen, dass es älter als 10’000 Jahre ist.» Für einen Geologen ist das eine relativ kurze Zeitspanne. Andreas Blum rechnet oft in Millionen Jahren. Deshalb meint er auch: «Das Ölzeitalter ist nur ein kurzes Aufflammen». Erdwärme würde eine erheblich längerfristige Versorgungssicherheit bieten.
Romantik aus altem Schutt
Wasser ist nicht nur eine Energiequelle, sondern auch verantwortlich für tiefe Einschnitte in der Landschaft rund um Kreuzlingen. Die Bachtobel erlauben dem Geologen für einmal bequeme Einblicke in den Untergrund. Andreas Blum erkennt auf den ersten Blick die «obere Süsswassermolasse», die mindestens fünf Millionen Jahre alt ist.
Molasse besteht aus abgelagerten Sedimenten, also aus Schutt aus den Alpen. «In unseren Tobeln gibt es Schichten von zementiertem Sandstein und von feinem, weichen Mergel. Der Mergel erodiert, wird also vom Wasser weggeschwemmt. Und der Sandstein bildet Terrassen, über die sich kleine Wasserfälle ergiessen.» So hübsch kann Geologie sein.