Arbon
Früher hingen sie in jedem Schulzimmer: Wandbilder erinnern im Ortsmuseum Arbon an den Unterricht im 20. Jahrhundert

Das Schulmuseum Amriswil besitzt eine grosse Sammlung alter Wandposter. Im Rahmen einer Sonderausstellung können diese nun im Schloss Arbon angeschaut werden. Am Sonntag war Vernissage.

Max Eichenberger
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Ein Schulwandbild im historischen Museum Arbon.

Ein Schulwandbild im historischen Museum Arbon.

Bild: Max Eichenberger

Wochenlang hingen sie in den Schulzimmern und veranschaulichten, wie die Höhlenbewohner lebten, die Römer ihr Reich erweiterten oder wie die letzte grosse Eiszeit schwand. Meist grossformatige Schulwandbilder gehörten einst zum Schulunterricht wie die Schiefertafel.

Ihnen widmet das Historische Museum Arbon eine Sonderausstellung mit Leihgaben des Schulmuseums Amriswil. «Dies zeigt, wie gut vernetzt die Museen im Oberthurgau sind und wie fruchtbar diese Zusammenarbeit ist», betonte Peter Gubser von der Museumsgesellschaft an der Vernissage am Sonntag.

Bild und Bildung hängen eng zusammen

Über Generationen gehörten Bild-Darstellungen zur Standardausstattung an den Schulen und zu den wichtigsten Medien im Unterricht. Sie konnten sich neben den Schulbüchern bis in die Sechzigerjahre als Lehrmittel behaupten und vermittelten Lerninhalte breiter Themengebiete in verschiedenen Unterrichtsfächern. Gestalter, Gelegenheitsmaler, Grafiker und teils auch namhafte Künstler wie Alois Carigiet und Hans Erni stellten sich in den Dienst dieser Form der Wissensvermittlung.

Wandbilder hätten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts die Schüler geprägt. Und nicht von ungefähr hingen Bild und Bildung eng zusammen, sagte Andreas Oettli, Gründungsmitglied des Schulmuseums. Bessere Drucktechniken mit der Einführung der Lithografie steigerten die Qualität und die didaktischen Möglichkeiten.

Angst vor ideologischer Beeinflussung

Mehrere Verlage waren in der Blütezeit im Geschäft und bedienten die Schulen. Auch deutsche drangen zunehmend in den boomenden Markt ein und waren bald bestimmend. Das wurde mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus zum Problem. Oettli sprach von der «Angst der ideologischen Beeinflussung», die in den 30er-Jahren herrschte. Diese war nicht unbegründet, weil sich das Germanische zunehmend in die Motive einschlich und die nationalsozialistische Propagandamaschinerie auf Hochtouren lief.

Die Sonderausstellung über Schulwandbilder im historischen Museum Arbon dauert bis zum 18. Dezember 2022.

Die Sonderausstellung über Schulwandbilder im historischen Museum Arbon dauert bis zum 18. Dezember 2022.

Bild: Max Eichenberger

Politisch wachgerüttelt wurde 1933 die Interkantonale Kommission für Schulfragen gegründet. Diese initiierte im Auftrag des Bundesrats das Schulwandbilderwerk – auch im Sinne der geistigen Landesverteidigung. Unterstützt wurden damit auch die darbenden Künstler. Jährlich erschienen Serien, die zentral vertrieben wurden. «Versehen jeweils mit wertvollen Kommentarheften», sagte Oettli. «Tausend Schulen hatten 1941 ein Abonnement.»

Heute noch Sammlerstück und Kulturgut

1995 kam das letzte Schulwandbild aus der Druckmaschine. Verdrängt wurde die analoge Unterrichtshilfe erst durch Projektion von Dia, Film oder Folie. «Und heute ist der Bildschirm Trumpf im Schulzimmer», sagte Oettli. Die meist auf Leinwand aufgezogenen Wandbilder sind noch Sammlerstücke und werden bei Ebay und Ricardo angeboten oder finden sich in Antiquariaten. Ein Kulturgut bleiben sie.