«Irreführend und tendenziös»: Das St.Galler Kantonsgericht findet deutliche Worte zur Kesb-Berichterstattung der «Obersee Nachrichten» – die beklagten Redaktoren berufen sich auf die Medienfreiheit

Die Gratiszeitung «Obersee Nachrichten» hat über Jahre eine persönlichkeitsverletzende Kampagne gegen den Präsidenten der Kesb Linth geführt. Das urteilt das Kantonsgericht als zweite Instanz. Der ehemalige Kesb-Präsident ist erleichtert. Die Gegenpartei erwägt den Gang ans Bundesgericht.

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Das St.Galler Kantonsgericht stützt den Entscheid des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland weitgehend.

Das St.Galler Kantonsgericht stützt den Entscheid des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland weitgehend.

(red) «Es ist eine grosse Erleichterung, dass nun auch das Kantonsgericht die Hetzkampagne als persönlichkeitsverletzend einstuft.» So lässt sich Walter Grob, ehemaliger Leiter der Kinder- und Erwachsenenschutzbehöred (Kesb) der Region Linth, in einer Medienmitteilung zitieren. Grob hatte gemeinsam mit der Stadt Rapperswil-Jona gegen die Gratiszeitung «Obersee Nachrichten» geklagt. Ebenso gegen ihren Chefredaktor Bruno Hug und gegen Redaktor Mario Aldrovandi. Das St.Galler Kantonsgericht hat am Dienstag den erstinstanzlichen des Kreisgerichts Werdenberg-Sarganserland bestätigt. Im Urteilt bezeichnet es die Berichterstattung unter anderem als «irreführend und tendenziös», «masslos überspitzt» und «unwahr».

Walter Grob, ehemaliger Leiter der Kesb Linth

Walter Grob, ehemaliger Leiter der Kesb Linth

Sabine Rock / ZSP

Mehrere Hunderttausend Franken Kosten fallen an

Das Kantonsgericht geht indes noch weiter als die Vorinstanz. Es verpflichtet die Angeklagten zur Zahlung einer Genugtuung in Höhe von 8000 Franken. Ausserdem müssen die Beklagten für Gerichtskosten in Höhe von 55000 Franken aufkommen, ebenso für die Anwaltskosten der Kläger, die gemäss Walter Grob 254000 Franken betragen. Dazu kommen eigene Anwaltskosten.

Schliesslich verbietet das Gericht den beiden Journalisten, bestimmte wahrheitswidrige Aussagen in Publikationen zu wiederholen. Dabei geht es beispielsweise um Begriffe wie «Entführung», «Deportierung» oder «Gefängnis». Sie dürfen in Zusammenhang mit einem Kesb-Fall, über den die «Obersee Nachrichten» eine Artikelserie publizierten, nicht mehr verwendet werden.

Die Redaktoren verweisen auf die Medienfreiheit

Bruno Hug, ehemaliger Chefredaktor der «Obersee Nachrichten»

Bruno Hug, ehemaliger Chefredaktor der «Obersee Nachrichten»

Moritz Hager / ZSZ

Bruno Hug und Mario Aldrovandi reagieren ihrerseits mit einer Medienmitteilung auf das Urteil. Dieses erschwere eine staatskritische Berichterstattung, schreiben die beiden Redaktoren. Bei den Wörtern, die das Gericht in Zusammenhang mit den besagten Kesb-Fällen nun verbiete, handle es sich «praktisch durchwegs» um Aussagen von Drittpersonen aus Interviews, Berichten oder Leserbriefen. Man wolle das Urteil deshalb analysieren und dann über eine Anfechtung entscheiden, heisst es in der Mitteilung weiter.

Mit einer weiteren Runde in diesem Streit rechnet auch Walter Grob. «Ich gehe davon aus, dass Hug und Aldrovandi auch das Bundesgericht noch bemühen werden.»