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Frauenfeld & Hinterthurgau
Das Obergericht des Kantons Thurgau muss sich erneut mit dem Flowtex-Fall befassen. Das Bundesgericht hat die Beschwerden der Beschuldigten gutgeheissen. Das Urteil der Vorinstanz wegen Geldwäscherei ist damit aufgehoben.
Die Schuldsprüche wegen bandenmässiger Geldwäscherei im Flowtex-Fall verstossen laut Bundesgericht gegen Bundesrecht, wie aus dem am Mittwoch veröffentlichten Urteil hervorgeht. Zudem bestehen die Voraussetzungen für die Einziehung verschiedener von der Anklage als «kontaminiert» betrachteten Vermögenswerte nicht.
Zentraler Punkt des Verfahrens ist, ob der ehemalige Firmenchef, seine Ex-Frau und die beiden Kinder mit Hilfe eines Anwalts Vermögenswerte im Wert von 25 Millionen Franken in die Schweiz geschafft haben mit dem Ziel, diese der Flowtex-Konkursmasse zu entziehen und die Vermögenswerte gleichzeitig zu waschen. Konkret geht es unter anderem um vier Bilder von Chagall, einen Diamanten von 51 Karat und ein Grundstück in St. Moritz.
Das Obergericht hatte die Beschuldigten im November 2018 in einigen Anklagepunkten zwar freigesprochen. Die Strafen wegen Geldwäscherei und Urkundenfälschung hat es aber leicht verschärft, weil es das Verschulden stärker gewichtete als das Bezirksgericht Frauenfeld.
Zudem ordnete es den Einzug der Vermögenswerte zu Gunsten des Kantons Thurgau an. Dadurch sollte die Konkursdividende für die Gläubiger etwas aufgebessert werden.
Hintergrund des Falls ist ein Schwindel mit nicht existierenden Horizontalbohrmaschinen, der Anfang 2000 aufflog und einen Schuldenberg von 2,5 Milliarden Euro hinterliess. 2001 wurde der Geschäftsführer der GmbH vom Landgericht in Mannheim zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ein grosser Teil der illegalen Gewinne blieb jedoch verschwunden.
Das Bundesgericht hat die Beschwerden der Beschuldigten gutgeheissen, weil die ertrogenen Vermögenswerte in Deutschland gemäss den damals geltenden Gesetzen nicht einziehbar waren (6B_1208_2018 und 6B_1194_ 2018). Geldwäscherei könne jedoch nur an Vermögenswerten begangen werden, die einziehbar sind. Die Einziehbarkeit am Ort, wo die Straftaten begangen wurden, ist laut Bundesgericht ein Tatbestandselement. Deshalb bestehe auch in der Schweiz kein Anspruch, die Vermögenswerte einzuziehen. (sda)