Sommerzeit ist Gewittersaison: Auf heisse, sonnige Tage folgen teils heftige Stürme mit Hagel und Donner. Doch wie kommt es dazu? Das Wetterphänomen einfach erklärt.
Für Meteorologen sind Gewitterprognosen schwierig. Trotz des Einsatzes modernster Technik, scheitern die Vorhersagen der kleinräumigen Phänomene oft, heisst es auf Meteoschweiz, der Website des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie.
Es braucht verschiedene Voraussetzungen, damit ein Gewitter entsteht. Zuerst müssen Wolken vorhanden sein. Damit diese entstehen, muss in der Luft Feuchtigkeit vorhanden sein. Gerade in den bodennahen Luftschichten sammelt sich an heissen Tagen Wasserdampf. Die feuchte Luft steigt und es bilden sich Quellwolken, die sich immer mehr in Richtung Himmel auftürmen. Gewitterwolken reichen etwa sechs Kilometer in die Höhe. Unten bestehen sie aus Wassertropfen, in höheren Lagen aus Eiskristallen.
In den Wolken müssen dann senkrechte Luftbewegungen stattfinden. Kuppen, Kreten und Gipfel verstärken diese. Aufsteigende Luftströme heben die leichteren Eiskristalle in der Gewitterwolke an. Gleichzeitig fallen die grösseren, schwereren Kristalle nach unten. In diesem Auf und Ab prallen verschiedene Arten von Eispartikeln und Wassertröpfchen aufeinander. Dadurch entstehen Gebiete mit unterschiedlichen elektrischen Ladungen. Das funktioniert ähnlich, wie wenn man einen Luftballon reibt und damit anschliessend die Haare zu Berge stehen lässt. So beschreibt das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie, Meteoschweiz das Wetterphänomen.
Teile im Innern der Wolke werden so elektrostatisch aufgeladen. Dabei ist der untere Teil der Wolke meist negativ, der obere eisige Teil meist positiv geladen. Zwischen den Ladungen baut sich die Spannung auf. Bei zwei entgegengesetzt geladenen Gebieten kommt es zum Ausgleich: Die Wolke entlädt sich und es blitzt. Die Entladung erfolgt entweder innerhalb der Wolke, in Richtung einer nahegelegenen Wolke (es entstehen Wolke-Wolke-Blitze) oder in Richtung Boden (Wolke-Boden-Blitze).
Blitze sind also elektrische Entladungen. Dabei treten während Sekundenbruchteilen Stromstärken auf, die im Durchschnitt 20 bis 30 Millionen Volt und 20'000 Ampere betragen. Zum Vergleich: Aus der normalen Steckdose kommt Strom mit 230 Volt und 10 Ampere.
Gegen eine halbe Million Blitze gibt es in der Schweiz jährlich – rund 80'000 erreichen den Boden. Etwa 1000-mal wird ein Haus getroffen, schätzt die Vereinigung der Kantonalen Gebäudeversicherungen (VKG).
Durchschnittlich alle zwei Jahre stirbt jemand in der Schweiz an einem Blitzschlag. Die Wahrscheinlichkeit durch einen Blitz den Tod zu finden, ist mit 1 zu 17 Millionen also eher gering. Im vergangenen Jahr wurden bei einem Fussballspiel in Abtwil 14 Kinder durch einen Blitzeinschlag verletzt:
Donner entsteht durch die explosionsartig rasche Erhitzung der Luft auf 1000 bis mehrere 10'000 Grad Celsius. Die gewaltige Energie des Blitzes erhitzt die umgebende Luft dabei schlagartig. Der Donnerschlag entsteht durch die so erzeugte Druckwelle. Sie breitet sich mit der Schallgeschwindigkeit von etwa 340 Meter pro Sekunde im Umkreis des Blitzschlages aus. Dabei durchbricht die Druckwelle die Schallmauer. Das Geräusch schwächt sich mit zunehmender Distanz ab. Dann ertönt ein mehr grummelndes, rollendes oder mahlendes Geräusch des Donners.
Die Faustregel lautet so: Die Anzahl Sekunden zwischen Blitz und Donner durch 3 geteilt, ergibt die Distanz zum Gewitter in Kilometern. Ein Beispiel: Ich sehe den Blitz und zähle 12 Sekunden, bis es donnert. 12 geteilt durch 3 ergibt 4: Das Gewitter befindet sich vier Kilometer entfernt.
200'000 Ampere kann ein Blitz aufweisen. Wie kann dies ein Mensch überhaupt überleben? Das liegt daran, dass der Strom nur während sehr kurzer Zeit durch den Körper fliesst, erklärt Robert Sieber, Chefarzt der Notaufnahme des Kantonsspitals St.Gallen.
Dennoch kann ein Blitzschlag auch tödlich enden. «Es kann zum Beispiel zu Herzrhythmusstörungen oder epileptischen Anfällen kommen. Tritt ein Herzstillstand auf, muss so schnell als möglich mit einer Herzdruckmassage begonnen werden», sagt Sieber. Durch die grosse Hitzeentwicklung kann das Eiweiss in den Muskeln gerinnen und aufquellen.
Gehörschäden sind häufig nach Blitzeinschlägen: Auf den elektrischen Schlag folgt ein lauter Knall. Man kann aber auch Glück haben und nur leichte Hautverbrennungen davontragen. Das Blitzeinschlag-Erlebnis könne aber auch psychische Folgen haben.
Am sichersten ist man in Gebäuden. Aber auch in einem Auto, im Zug oder im Flugzeug. Als geschlossene Metallkonstruktion funktionieren diese wie Blitzableiter. Wird man im Freien von einem Gewitter überrascht, sollte man Höhen sofort verlassen. Zum Beispiel beim Wandern vom Gipfel absteigen. Auch Gewässer sollte man sofort verlassen. Im Freien begibt man sich am besten in eine Mulde. Dort sollte man mit geschlossenen Beinen niederknien und den Boden nur mit den Zehen berühren.
Freistehende Bäume, Baumgruppen oder Waldränder bieten keinen Schutz – im Gegenteil. Meiden Sie die Nähe zu Masten, Antennen oder Metallkonstruktion. Schutz bieten Freileitungen (Hochspannungsleitungen), Felsvorsprünge oder wie erwähnt Bodenmulden.
Meteoschweiz, die Website des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie hat die Verhaltensempfehlungen bei Gewitter in einem Video veranschaulicht:
Warme Sommer führen auf der Alpensüdseite häufig zu Gewittern. Zur Gewitterbildung trägt ausserdem die Alpenkette bei. Im trockenen Alpeninnern wie im Wallis, in Nord- und Mittelbünden oder im Engadin, fehlt die Feuchtigkeit. Gewitter sind dort deshalb eher selten. Im Mittelland gibt es rund 1 bis 2.5 Blitzeinschläge pro Jahr und Quadratkilometer. Vor allem in Grat- und Gipfellagen liegt die Häufigkeit der Blitzeinschläge über 3 pro Jahr und Quadratkilometer – das trifft auch auf Teile der Ostschweiz zu.
Eine Blitzschutzanlage leitet Blitze über die Gebäudehülle ins Erdreich: Kupferdrähte auf dem Dach fangen den Blitz ein. Anschliessend leiten sie den Strom zur Erdung in den Boden. Bei Neubauten wird die Erdung in der Regel ins Fundament eingelegt.
Auch wenn ein Blitz im Umkreis von zwei Kilometern einschlägt, können Überspannungen entstehen. Wird zum Beispiel eine entfernte Stromleitung getroffen, dringen elektrische Spannungen allenfalls bis ins Haus vor. Als Folge davon können elektronische Geräte zerstört und im Extremfall sogar Brände oder Explosionen ausgelöst werden. Zusätzlich zum Blitzableiter leitet ein inneres Blitzschutzsystem die Überspannung ab.