"Die Polizei hat uns nur belächelt"

KREUZLINGEN. Die Opfer des Heiratsschwindlers Rainer H. wollten Anzeige erstatten. Doch die Polizei in Kreuzlingen hatte für die Frauen nur ein müdes Lächeln übrig. Inzwischen ist bekannt: Rainer H. hat auch Männern das Geld aus der Tasche gezogen.

Erika Pàl
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Rainer H. wollte lieber ihr Geld, als die Liebe seiner Opfer. (Bild: Keystone (Symbolbild))

Rainer H. wollte lieber ihr Geld, als die Liebe seiner Opfer. (Bild: Keystone (Symbolbild))

Im Oktober 2012 lernte Susanne Frehner* den deutschen Rainer H. kennen. Er gibt ihr seine Karte und geht. "Finanzberater ausser Dienst" steht darauf. Drei Monate später treffen sie sich zum Abendessen.

Es ist der Beginn einer Freundschaft. "Ich habe mich nicht in ihn verliebt. Dafür hatte ich damals keinen Kopf. Ich war froh, dass er sich um meine finanziellen Belange kümmern wollte", sagt die selbständige Unternehmerin.

Über 200'000 Franken hat Frehner dem angeblichen Finanzberater überwiesen. "Ich habe alle drei Monate einen Bankauszug erhalten. Darauf sah ich, dass das Geld weniger wurde. Doch dazu konnte er mir jeweils eine Erklärung abliefern." Er habe das Geld zusammen mit anderen Investoren in einen Pool einbezahlt. "Rainer H. erzählte mir von Erträgen und ich war glücklich, dass sich mein Geld vermehrte."

Zwei Heiratsanträge abgelehnt
Im vergangenen Jahr besucht Rainer H. die im Kanton Thurgau lebende Frau im Schnitt alle 14 Tage. Doch selten länger als eine halbe Stunde. Als Grund gab er seine Verlobte in Kreuzlingen an. Der Deutsche klagte bei Susanne Frehner über seine Beziehungsprobleme, machte ihr zweimal einen Heiratsantrag. «Ich wollte das nicht. Ich war ja nicht verliebt», sagt sie.

Frehner vertraut ihm. Stellt den Betrüger ihren Freunden und ihrem Sohn vor. "Rainer H. hatte eine sehr liebenswerte Art. Er konnte gut erzählen und seine Stimme war so angenehm."

Im Januar 2014 will sie ihr Haus renovieren. Sie verlangt von Rainer H. ihr Geld zurück. Er vertröstet sie mit Ausreden. Sie droht ihm rechtliche Schritte an. Kurz bevor sie ihn anzeigt, erhält sie von seiner Verlobten eine SMS, sie habe Rainer H. entlarvt. Aus seinen Unterlagen habe sie erfahren, was er für falsche Spiele treibe.

Zwei weitere Frauen haben Rainer H. ebenfalls Geld anvertraut. Am selben Tag begeben sich die Frauen auf den Polizeiposten in Kreuzlingen. "Es war unglaublich. Der Beamte hatte nur ein müdes Lächeln für uns übrig. Er könne nichts unternehmen, da das ein Wirtschaftsdelikt sei", erzählt Frehner.

Trotz der vielen Unterlagen wurden sie vom Polizisten weggeschickt. Auch ein zweites Mal wollte die Polizei ihre Anzeige nicht aufnehmen. "Wir haben dem Beamten gesagt, er solle Rainer H. bei Interpol suchen. Und tatsächlich, er wurde bereits in Deutschland gesucht."

Auch Männer betrogen
Aus den Unterlagen geht weiter hervor, dass Rainer H. von zwei Männern Geld angenommen hatte. "Einer der beiden hat ihm 1,2 Millionen Franken überwiesen. Insgesamt hat sich Rainer H. über zwei Millionen Franken ergaunert", sagt Frehner.

Einen Tag nach der Zurückweisung auf dem Polizeiposten meldet sich eine der betrogenen Frauen bei der Staatsanwaltschaft Kreuzlingen. Dort habe man sofort reagiert, doch Rainer H. war bereits verschwunden.
Mediensprecher Andreas Theler von der Kantonspolizei Thurgau: "Im Moment läuft eine internationale Fahndung nach Rainer H. Wir erwarten, dass sich noch mehr Opfer bei uns melden."

*Name von der Redaktion geändert