Das Schaf lag tot am Zaun

Ein Wolf hat auf der Weide von Walter Nagel in Oberuzwil ein Schaf gerissen. Nagel ist besorgt: In einer so dicht besiedelten Region sei der Wolf fehl am Platz.

Daniel Walt
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Walter Nagel, Landwirt im Gebiet Ramsen in der Gemeinde Oberuzwil, ist ungehalten. «Ich habe Mühe mit Leuten, die sagen, der Wolf gehöre hierher. Sie sollen sich unser Schaf doch einmal anschauen», sagt er. Nagel war es, der am Montagmorgen auf seinem Grund und Boden zwischen Flawil und Lütisburg ein totes Schaf fand. Wie die St. Galler Staatskanzlei nun am Dienstag bestätigte, war das Tier von einem Wolf gerissen worden.

Am Sonntagabend war Walter Nagels Neffe – ihm gehörte das Schaf – noch auf der Weide bei Ramsen gewesen, um dort zum Rechten zu sehen. Alles war in Ordnung, blickt Nagel zurück. Am Montagmorgen schlug Nagels Nachbarin Alarm: «Sie sah, dass ein Schaf alleine beim Zaun lag, während sich die übrigen rund 30 Tiere in einer gewissen Entfernung hielten.» Nagel begab sich vor Ort – und sah das tote Tier. Dem Schaf war in den Hals gebissen worden. Zudem war es im Brustbereich angefressen.

Elektrozaun trieb Wolf in die Flucht

Laut Nagel war die Weide, auf welcher sich die Schafherde befand, grossteils durch einen elektrischen Zaun gesichert. Doch weshalb griff der Wolf ein einziges Tier an und liess es angefressen zurück? Der Landwirt hat eine Vermutung: «Möglicherweise berührte der Wolf den elektrischen Zaun und ergriff daraufhin die Flucht», sagt er.

Ein Wolf geht bei Oberuzwil um – Walter Nagel ist davon nicht komplett überrascht. «Es hiess einmal, bei Degersheim sei ein Wolf gesichtet worden. Da wurde ich hellhörig», sagt er. Der Landwirt ist überzeugt: «In einer so dicht besiedelten Region ist der Wolf fehl am Platz.» Und Nagel dürfte in den nächsten Tagen und Wochen morgens mit einer gewissen Besorgnis nachschauen gehen, ob mit den Schafen auf seiner Weide alles in Ordnung ist.

Jungtiere aus dem Calanda-Rudel in Verdacht

Die kantonale Fachstelle für Herdenschutz steht in Kontakt mit dem Landwirt und berät ihn über Massnahmen zum Schutz der anderen Nutztiere. Um die Herkunft des Wolfes festzustellen, entnahm der Wildhüter dem Schaf DNA-Proben. Die Resultate werden erst in einigen Wochen vorliegen.

Seit 2012 lebt im Grenzgebiet der Kantone Graubünden und St. Gallen ein Wolfsrudel, das sich fortpflanzt. Jedes Jahr wandern Jungtiere ab. Auf der Suche nach einem neuen Revier können Wölfe grosse Strecken bewältigen. Ob der Wolf in Oberuzwil vom Calanda-Rudel stammt, soll die genetische Untersuchung zeigen.