Früher eine wichtige Verbindung, ist der Weg zwischen Tannen und Brunnen heute etwas in Vergessenheit geraten.
Beat Lanzendorfer
Vor 160 Jahren gab es noch keine Strasse zwischen Gähwil und Mühlrüti und auch noch keine über die Hulftegg. Die Hulftegg taucht 1866 erstmals auf der Karte auf, die Verbindung Gähwil–Mühlrüti 1908. Für die neuen Strassen wurden völlig neue Wegführungen gewählt. Interessant ist der alte Weg von Gähwil nach Mühlrüti, der von Gähwil über Nord/Egg, hinunter zum Sennis, wieder hinauf zum Egghof und nach Bechten und Mühlrüti führte. Wer früher von Wil über Kirchberg kommend ins zürcherische Tösstal nach Rapperswil und Einsiedeln gelangen wollte, musste einen anderen Weg als den heutigen nehmen.
Die alten Karten zeigen, dass die Reisenden – häufig waren es Pilger auf dem Weg nach Einsiedeln – den Weg über die Schmitten wählten. Der Weg von Tannen über die Schmitten nach Brunnen, Riezenmoos und Dreien war bis dahin die wichtigste Verbindung. Auch die Strasse Dreien–Mühlrüti existierte noch nicht. Den Reisenden standen zwei Möglichkeiten offen: über Schönenberg oder Ricketschwendi. Einige Pilger-Wanderer wählten wahrscheinlich ab Dreien auch die Route über Wisen–Bodmen und über die Hirzegg ins Zürcher Oberland.
Laut Erzählungen von Hans Scherrer, der im Weiler Brunnen wohnhaft ist, war der Weg über die Schmitten auch ein alter Schmugglerweg. Er führte vom Zürcher Oberland über die Hulftegg, Mühlrüti, Dreien und über die Schmitten weiter nach Kirchberg und Wil bis zum Bodensee. Ein Wegkreuz, etwas unterhalb der Schmitten, gegen Brunnen hin, befindet sich heute an einer alten Weggabelung. Früher führte der Weg zwischen Wald und Scheune über den «Pass». Dabei wurde mit viel Handarbeit ein vertieftes Trassee (Graben) für den Weg angelegt, damit er für Pferdefuhrwerke befahrbar war. 1985 wurde die Strasse verlegt und die Wiese ausplaniert. Damit verschwanden der Wegeinschnitt (Graben) und die Wegböschungen. Mit dem Bau der Strasse Mühlrüti–Gähwil nach 1900 nahm die Bedeutung des «Schmugglerweges» über die Schmitten ab. Die Route über die Schmitten wurde zurückgestuft und diente den Anwohnern als Verbindungsweg zwischen Tannen und Brunnen. Um die landwirtschaftliche Bewirtschaftung zu vereinfachen, wurde 1928 die Schmittenscheune erbaut. Ursprünglich waren es sogar zwei Gebäude. Seit 1939 ist die Schmitten im Besitz der Familie Scherrer und gehört zum Stammhof «Schmittengut» Brunnen. Früher war das Vieh der Familie Scherrer während mindestens 180 Tagen im Jahr auf der Schmitten. Hans Scherrer erinnert sich: «Das war oft sehr anstrengend. Im Winter bei viel Schnee mussten wir zur Scheune hoch, um das Vieh zu versorgen». Im Sommer 1968 wurden die Kühe zum letzten Mal im Stall auf Schmitten gemolken. Anschliessend benutzte Hans Scherrer die «Schmitten» als Schopf. 1996 installierte er im leer stehenden Gebäude eine Bandsäge, um das eigene Rundholz sägen zu können. Zehn Jahre später übergab er den Landwirtschaftsbetrieb seinem Sohn Benjamin und zog mit Ehefrau Marlis nach Brunnen. Weil er dort genügend Platz hatte, nahm er die Bandsäge mit nach Brunnen, wo sie heute noch in Betrieb ist. Das «Schmittengut» wird heute in vierter Generation von Benjamin und Brigitte Scherrer mit den Kindern Leoni, Damian, Lukas und Daria nach den Bio-Richtlinien geführt.
Unterhalb des Weilers Brunnen befindet sich der Hof «Chnübis» auf Mosnanger Gebiet, direkt an der Kirchberger Gemeindegrenze. An diesem sind die Reisenden früher mit der alten Wegführung vorbeigekommen. Die Entstehung seines Namens ist ungewöhnlich: Direkt am Hof vorbei führte der einstige Pilgerweg nach Einsiedeln. Wenn auf dem Heimweg von der Pilgerfahrt die von der langen Reise ermüdeten Pilger von Dreien her den beschwerlichen Weg hinauf auf die Schmitten gingen, so sagten sie, dass er «in die Knie beisse». Das sei die Ursache dafür, dass man den in der Mitte des Weges liegenden Hof «Chnübis» (Kniebiss) nannte – und so heisst er auch heute noch.