Presseschau
«Wembley verstummte und kniete vor Italien nieder»: Die Pressestimmen zum EM-Final

Freude und Stolz in Italien, Trauer in England: So wird der Triumph der «Squadra Azzurra» in den Medien kommentiert.

Dan Urner, Peter Walthard
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Jubelszenen in Rom: Italienische Fans feiern den zweiten EM-Sieg der «Azzurri».

Jubelszenen in Rom: Italienische Fans feiern den zweiten EM-Sieg der «Azzurri».

Keystone

«Football's coming home.» Unter diesem allenthalben propagierten Motto hätte eigentlich der englische EM-Titel stehen sollen, doch nach dem Sieg der «Azzurri» greift die italienische Gazzetta dello Sport den Satz auf und macht ihn sich zu eigen. «Denn auch in Italien ist der Fussball zu Hause, und das ist ein schönes blaues Zuhause. Wir sind auf dem Dach Europas, wir kommen unter dem wachsamen Auge von Präsident Mattarella nach 53 Jahren nach Hause und wir tun es genau am Tag des 39. Jahrestages des WM-Triumphes in Spanien», jubiliert die renommierte Sportzeitung. Die «Three Lions» seien gezähmt und in Welpen verwandelt worden, schreibt das Blatt weiter, das die «Glanzleistung» des Torhüters Gianluigi Donnarumma hervorhebt.

La Republicca findet: «Zoff, Riva, Rivera und Mazzola haben ihre würdigen Erben gefunden. Nach 53 Jahren zermürbenden Wartens kehrt Italien endlich auf den Thron Europas zurück.» «Football's coming home» werde weiterhin ein Traum bleiben, analysiert die Zeitung. Die Realität sei nun «Football's coming Rome».

«Wembley verstummte und kniete vor Italien nieder», freut sich der Corriere della Sera: Italien habe gewonnen, «weil es mehr Herz und Seele und ein Temperament aus Stahl hatte».

«Es endet alles in Tränen»

Ein enttäuschter Fan der «Three Lions» versteckt sich nach dem Sieg Italiens hinter seiner England-Fahne.

Ein enttäuschter Fan der «Three Lions» versteckt sich nach dem Sieg Italiens hinter seiner England-Fahne.

Keystone

«Der ultimative Todeskampf», titelt der Telegraph. «Das Land weinte, als Gareth Southgates Männer in einem epischen, herzzerreissenden Elfmeterschiessen gegen Italien verloren», befindet der Daily Mirror: «Der Elfmeter-Hoodoo der Three Lions kehrte zurück, um sie erneut heimzusuchen.» The Daily Mail befindet: «Es endet alles in Tränen.»

Ein Ende in Tränen: Britische Zeitungen (hier The Daily Mail) üben sich in Trauerarbeit.

Ein Ende in Tränen: Britische Zeitungen (hier The Daily Mail) üben sich in Trauerarbeit.

Screenshot

Besonders an Herz ging den Engländern die Reaktion des kleinen Prinz George, der nach anfänglicher Euphorie am Boden zerstört war. Der Guardian berichtet aus dem Umkleideraum der Spieler. Dort sei die Stimmung nach dem Spiel düster gewesen, bevor Prinz William persönlich vorbeigekommen sei und Zuspruch gespendet habe.

«Hoffnungsträgerin einer ganzen Nation»

Italienische Spieler posieren jubelnd mit dem EM-Pokal.

Italienische Spieler posieren jubelnd mit dem EM-Pokal.

Keystone

Auch in der Schweizer Presse wird der dramatische Final breit thematisiert. «Das siegreiche Italien war engagierter», analysiert die NZZ, die den Engländern vorwirft, vor dem Penaltyschiessen zu passiv gewesen zu sein.

Watson attestiert den Engländern, in entscheidenden Momenten nervös geworden zu sein. «Möglich, dass sich auf der Zielgeraden doch wieder der Titel-Fluch in den Köpfen bemerkbar machte.» Italien erstrahle hingegen drei Jahre nach der verpassten Qualifikation für die WM 2018 in neuem Glanz – «mit einigen alten, aber auch vielen neuen Tugenden, die der Squadra weltweit viele Sympathien einbrachten».

Die Titel von CH Media sprechen vom «Wunder der italienischen Auferstehung». Im arg durch Corona gebeutelten Land sei die Nationalelf «die Hoffnungsträgerin für eine ganze Nation». Italien habe nicht «diesen aufregenden Starspieler». «Aber Italien hat das beste Team und Italien hatte die beste Idee, wie man dieses Turnier bestreiten muss. Nämlich die Idee, Inspiration aus der Krise zu ziehen und jenen Menschen, von denen sie selbst in den schlimmsten Momenten so viel Liebe erfahren, die wegen der Pandemie so sehr gelitten haben, etwas zurückzugeben.»

Für den Blick ist Gianluigi Donnarumma der «Held von Italien». 15 Jahre nach dem Weltmeistertitel in Deutschland und drei nach dem Fiasko um die verpasste WM 2018 sei die «Nazionale» endlich wieder zurück bei den ganz Grossen. «Dank eines überzeugenden, attraktiven Turniers der Mancini-Elf!»

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