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Giulia Steingruber zeigt mit dem 15. Platz im Mehrkampf-Final eine ansprechende Leistung. Mit dem Wettkampf ist die 27-jährige Ostschweizerin zufrieden, mit den Kampfrichtern nicht.
Haben wir Giulia Steingruber am Donnerstag letztmals auf der grossen Bühne bestaunen dürfen? Es sieht ganz danach aus, als wäre der Mehrkampf-Final zumindest in Sachen Olympischen Spielen der letzte Auftritt der 27-jährigen St. Gallerin gewesen. Bestätigen wollte Steingruber nach dem geturnten Wettkampf noch nichts und wich der Frage aus: «Ich bin todmüde, muss aber bereit bleiben, weil ich für den Sonntag auf Stand-by bin. Bis dahin werde ich noch einmal täglich trainieren. Mal schauen, was dann passiert.»
Am Sonntag, dem Schweizer Nationalfeiertag, steigt der Geräte-Final im Sprung. Voraussichtlich ohne die Ostschweizerin, die sich 2016 Olympia-Bronze in dieser Disziplin sichern konnte. Sie verpasste die Qualifikation um 0,05 Punkten äusserst knapp und muss nun mit der Reservistenrolle vorliebnehmen. Auch wenn die 24-jährige US-Star-Turnerin Simone Biles, die derzeit an mentalen Problemen leidet, nicht zum Sprung antreten sollte, würde Landsfrau Mykayla Skinner nachrücken. Dies, weil die US-Amerikanerin in der Qualifikation vor Steingruber auf dem vierten Platz lag. Pro Land dürfen jedoch nur zwei Athletinnen des gleichen Landes im Geräte-Final vertreten werden. Sollte eine Turnerin einer anderen Nation absagen, würde Steingruber wieder ins Geschehen eingreifen können.
Im Mehrkampf-Final, den Steingruber als 23. von 24 Athletinnen denkbar knapp erreichte, zeigte die sechsfache Europameisterin mit dem 15. Rang eine ansprechende Leistung, verbesserte sich im Vergleich zur Qualifikation gleich um acht Positionen. Den Grundstein für ihre Klassierung legte sie nach einer eleganten und kraftvollen Darbietung am Boden, gefolgt von ihrer Paradedisziplin, dem Sprung hin. Der Tschussowitina gelang sehr gut. Weil sie viel Schwung mitnahm, musste sie bei der Landung einen kleinen Ausfallschritt machen. Trotzdem erhielt sie die dritthöchste Wertung des Tages an diesem Gerät.
Bei Wettkampfhälfte lag die Ostschweizerin gar auf dem 7. Rang. Beim Stufenbarren und Schwebebalken büsste sie wegen Unsauberkeiten ein. Mit den 53.366 Punkten war Steingruber eigentlich «sehr zufrieden», doch die Freude wurde getrübt: «Nach dem Balken war ich sauer. Ich habe besser als in der Quali geturnt und eine schlechtere Note erhalten. Da war ich sehr enttäuscht.» Den Unmut liess sie auch eine Kampfrichterin spüren und teilte ihr mit, dass sie mit der Notengebung nicht d'accord war, wie sie mit einem verschmitzten lächeln verriet.
Unter den Augen der sechsfachen Olympiamedaillen-Gewinnerin, Simone Biles, die auf der Tribüne platz nahm, war der Kampf um die Medaillen offen. Biles, die die Qualifikation auf dem ersten Rang beendete und aus bekannten Gründen auf den Wettkampf verzichtete, beobachtete, wie Landsfrau Sunisa Lee in die Bresche sprang. Mit 57.433 Punkten sicherte sie sich Gold. Silber ging an die Brasilianerin Rebeca Andrade, Bronze an die Russin Angelina Melinkowa.
Erfahren wir am Sonntag, wie es mit der Karriere von Steingruber weitergeht? Ein abschliessender Sprung auf der olympischen Bühne hätte die 27-Jährige zweifellos verdient. Auf einen Ausfall ihrer Kontrahentinnen möchten wir dennoch nicht hoffen. Sollte sie sich für das Karrierenende entscheiden, ehren wir an dieser Stelle gerne die grossartige Laufbahn der Gossauerin, die als erste Schweizer Turnerin überhaupt Edelmetall für die Schweiz an Olympischen Spielen gewinnen konnte.