Volksentscheid
Trotz mehr Zweitwohnungen: Kommission möchte Gesetz Zähne ziehen

Bauen, was das Zeug hält: Dem hat das Stimmvolk 2012 mit dem Ja zur Zweitwohnungsinitiative einen Riegel geschoben. Tempi passati: Nun wächst der Druck in der Politik, das Gesetz zu lockern.

Reto Wattenhofer
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Das Zweitwohnungsgesetz umfasst zu strenge Auflagen. Dieser Ansicht ist zumindest die zuständige Kommission des Nationalrates.

Das Zweitwohnungsgesetz umfasst zu strenge Auflagen. Dieser Ansicht ist zumindest die zuständige Kommission des Nationalrates.

Keystone

Der nationalrätlichen Raumplanungskommission ist das heutige Zweitwohnungsgesetz ein Dorn im Auge. Aus ihrer Sicht hemmen die «strengen Auflagen» Investitionen in Wohnungen, die bereits vor Annahme der Initiative im Jahr 2012 bestanden oder bewilligt waren. Mit 13 zu 10 Stimmen hat sie deshalb einer parlamentarischen Initiative des Bündners Martin Candinas (Die Mitte) Folge gegeben, wie die Parlamentsdienste am Freitag mitteilten.

Konkret sollen einheimische Eigentümer die Hauptnutzfläche der Wohnungen um 30 Prozent erweitern und zusätzliche Wohnungen schaffen dürfen. Dies wäre auch bei einem Wiederaufbau zulässig. Zudem soll der Standort für wiederaufgebaute Häuser innerhalb des Grundstücks frei gewählt werden dürfen.

Im Einklang mit Initiative?

Für die knappe Kommissionsmehrheit ist klar: Gerade in Dörfern, die gegen Abwanderung kämpfen, sei es wichtig, dass die einheimische Bevölkerung in Bauten investieren könne. Ihrer Ansicht nach sind diese Lockerungen kompatibel mit der Zweitwohnungsinitiative. Dadurch entstünden keine neuen Ferienhäuser auf der grünen Wiese, versichert die Kommission. Anders sieht das die Minderheit. Sie ortet keinen Handlungsbedarf. Die geltenden Bestimmungen seien als Kompromiss zu verstehen, der den Volkswillen respektiere und gleichzeitig möglichst viel Spielraum liesse.

Der Zeitpunkt für das politische Ansinnen kommt nicht zufällig. Erst kürzlich war der Bundesrat auf Grundlage einer Analyse zum Schluss gekommen, dass sich keine weitere Gesetzesrevision aufdränge. 2025 soll der Bund erneut die Auswirkungen der Reform untersuchen. Daran hatte die Regierungskonferenz der Gebirgskantone herbe Kritik geübt. Das Gesetz sei inhaltlich kompliziert, schrieb sie in einer Stellungnahme.

Zweitwohnungen: Obergrenze von 20 Prozent

2012 hatte die Bevölkerung die Zweitwohnungsinitiative angenommen. Seither dürfen in Gemeinden mit mehr als 20 Prozent Zweitwohnungen keine zusätzliche Ferienwohnungen oder -häuser mehr gebaut werden. Die Analyse des Bundes zeigte jedoch, dass der Flächenverbrauch durch neu gebaute Zweitwohnungen zwar um rund ein Drittel zurückgegangen ist. Ausgeblieben ist dagegen ein Nullwachstum – wie es die Initiative eigentlich vorsieht.