Freie Meinungsäusserung versus Manipulation und Falschinformationen: Die Digitalisierung kann die politische Meinungsbildung verändern. Eine Studie zeigt Chancen und Risiken.
Für TA-Swiss, die Stiftung für Technologiefolgen-Abschätzung, ist klar: Die Digitalisierung hat das Potenzial, politische Abläufe sowie politisches Verhalten und damit die Demokratie grundlegend zu verändern. Das schreibt das Kompetenzzentrum in einer Mitteilung vom Dienstag. Vor allem die digitalen Medien – besonders die sozialen Plattformen – haben grosse Bedeutung, in dem sie neue Möglichkeiten für öffentliche Diskussionen schaffen. Davon profitieren Gesellschaft und Politik, sie werden gleichzeitig aber auch beeinflusst.
Die Stiftung hat daher in drei Studien verschiedene Aspekte der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf die Demokratie untersucht. Diese zeigen die digitalbedingten Veränderungen demokratischer Abläufe und politischer Kommunikationsformen aus unterschiedlichen Blickwinkeln, wie es weiter heisst. Das Resultat: Die Digitalisierung bringt der Politik ein bedeutendes Chancenpotenzial für den demokratischen Meinungsbildungsprozess, aber auch zahlreiche neue Herausforderungen.
Diese seien eng mit den Vorteilen neuer digitaler Kanäle verknüpft und zeigten damit deren Ambivalenz auf: Die Möglichkeit zur freien Meinungsäusserung wird verstärkt, gleichzeitig wächst die Gefahr, dass Fehl- und Falschinformationen unkontrolliert verbreitet werden und es Verzerrungen und Manipulationen gibt.
Als Vorteil sieht TA-Swiss beispielsweise, dass sich die Bürgerinnen und Bürger schneller, umfassender und weniger selektioniert Zugang zu politischen Informationen verschaffen können. Das unterstütze die freie Meinungsbildung und sei ein riesiger Vorteil im demokratischen Schweizer System. Organisationen und Parteien können wiederum Zielgruppen, die sich bisher an politischen Prozessen kaum beteiligten, leichter mobilisieren, auf ihre Ideen und Probleme aufmerksam machen und ihre Politik näher bringen. Das gilt vor allem für finanzschwache oder kleine Organisationen.
Demgegenüber befürchtet die Stiftung, dass die Digitalisierung möglicherweise vor allem die Teilnahme von politisch bereits aktiven oder digital affinen Bürgern fördert. Dadurch könnten bestehende Partizipationsmuster und sozio-ökonomische Ungleichheiten zementiert oder gar verstärkt werden.
Auch seien Social-Media-Plattformen nicht für den politischen Diskurs geschaffen worden und deshalb auch keine transparenten demokratischen Instrumente. Aufgrund ihrer Stellung haben sie jedoch einen unverhältnismässig grossen Einfluss auf den politischen Diskurs. Auch können gezielt gestreute Fehlinformationen heute mehr Wirkung entfalten und die Polarisierung der Gesellschaft verstärken, wie es weiter heisst.
Das Kompetenzzentrum hat verschiedene Empfehlungen formuliert, um dem digitalen Wandel zu begegnen. So sollten immer auch analoge Möglichkeiten zur Teilnahme angeboten werden, um niemanden zu benachteiligen. Auch brauche es Kontrollmechanismen, um Informationen zu prüfen – beispielsweise Faktenchecks durch spezialisierte Expertenplattformen. Zudem solle der Bund Massnahmen treffen, um die Kompetenz zur Informationssuche und -verarbeitung zu verbessern.