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Sollen Beschuldigte bei der Befragung eines Mitbeschuldigten ausgeschlossen werden können? Ja, finden der Bundesrat und der Ständerat. Nein, findet dagegen nun der Nationalrat.
Darf die Staatsanwaltschaft die Rechte eines Beschuldigten einschränken, damit es zu keinen Absprachen mit anderen Beschuldigten kommt? Ja, findet der Bundesrat. Er möchte die heutigen Teilnahmerechte im Vorverfahren einschränken, bis ein Beschuldigter sich zum Gegenstand der Einvernahme geäussert hat. Heute sind beschuldigte Personen bei Strafverfahren berechtigt, an allen Beweiserhebungen teilzunehmen – etwa auch an Einvernahmen von Zeugen und im gleichen Verfahren mitbeschuldigte Personen.
Im Parlament stösst dieser Vorschlag auf Skepsis. Nach erster Ablehnung im Nationalrat zimmerte der Ständerat einen Kompromissvorschlag. Die Staatsanwaltschaft soll die beschuldigte Person von der Einvernahme eines Mitbeschuldigten ausschliessen können, solange diese ausserhalb des Haftverfahrens nicht einvernommen worden ist. Auch das überzeugte den Nationalrat nicht.
Hier werde ein fundamentales Prinzip geritzt, sagte Vincent Maitre (Mitte/GE) am Mittwoch. Dies würde der Glaubwürdigkeit der Justiz schaden. Beat Flach (GLP/AG) sah namens der Kommission «das System der gleich langen Spiesse verletzt.» Konkret würde die Schlagkraft der Staatsanwaltschaft erhöht und jene der Beschuldigten eingeschränkt.
«Wenn wir hier nun nichts machen, verfehlen wir das Ziel der Revision», sagte Andrea Geissbühler (SVP/BE). Für sie bringt die Einschränkung der Teilnahmerechte «nur Vorteile». So könnte eine möglichst effiziente Aufklärung von Delikten gewährleistet werden. Auch für Bundesrätin Karin Keller-Suter geht es hier um ein zentrales Anliegen der Revision. «Durch die Einschränkung der Teilnahmerechte kann unter anderem bei Bandenkriminalität verhindert werden, dass sich die Beschuldigten absprechen können», so die Justizministerin. Sie bezeichnete die Einschränkung als «moderat».
Vielen Parlamentarierinnen und Parlamentariern ging es trotzdem zu weit: Mit 116 zu 70 Stimmen verwarf der Nationalrat den Kompromissvorschlag. Das Geschäft geht nun mit dieser und weiteren Differenzen zurück an den Ständerat.
Mit der geplanten Revision möchte die Landesregierung die Praxistauglichkeit des Strafprozessrechts verbessern. Die neue Strafprozessordnung hatte 2011 die kantonalen Regelwerke ersetzt. Straftaten werden seither in der ganzen Schweiz nach den gleichen prozessualen Regeln verfolgt und beurteilt. In der Praxis hatten sich einzelne Bestimmungen jedoch als problematisch erwiesen. (rwa/mg)