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Keine Einigung beim Rahmenabkommen sei ein Nachteil für die EU und die Schweiz, sagt der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Schweiz solle dabei die Geduld der EU nicht strapazieren.
Er war bei der Aushandlung des Rahmenabkommens von Anfang an dabei: Jean-Claude Juncker. Zu den festgefahrenen Verhandlungen sagt der ehemalige EU-Kommissionspräsident nun in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen vom Freitag: «Man kann ja die Europäische Union nicht auf eine endlose Geduldsprobe stellen. Die Schweiz sollte sich beeilen, bevor der Geduldsfaden reisst.»
Als Juncker noch der EU-Kommission von 2014 bis 2019 vorstand, habe der Luxemburger «alles versucht» mit den Schweizer Bundespräsidenten: «Das hat zu mehr als dreissig technischen Verhandlungsrunden geführt, und normalerweise hätte das zu einem Ergebnis führen müssen.»
Wenn es zu keiner Einigung zwischen der Schweiz und der EU kommt, entwickelt sich das gemäss dem ehemaligen Kommissionspräsidenten zum Nachteil beider Parteien. «Deshalb ist eine Einigung zwischen der EU und der Schweiz unabdingbar.» Dabei seien alle Karten bereits 2017, bei Junckers letzten Besuch in der Schweiz, auf dem Tisch gelegen.
Zum Streitpunkt um den Europäischen Gerichtshof meint Jean-Claude Juncker: «Die Richter am Europäischen Gerichtshof sind keine Vertreter ihrer Nationen, sondern wenden europäisches Recht an, so wie auch die Kommissare.» Würde die Schweiz per Vertrag zustimmen, wäre das keine Aufgabe der Souveränität, sondern eine Übermittlung an europäische Justizorgane, über die die Schweiz frei entscheide. «Aber da ist das letzte Wort ja auch noch nicht gesprochen», so Juncker weiter.
Die Schweiz hat laut dem früheren Kommissionspräsidenten keinen Grund «sich zu verzwergen», und sie sollte auf Augenhöhe verhandeln. «Es ist ja nicht so, dass wir hochnäsig auf die Schweiz herabschauen würden», so Juncker. Dass den Schweizer Bürgern dieses Gefühl vermittelt werde, sei fast beleidigend für diejenigen, die in der EU Schweiz-Politik betreiben würden. «Man mag es manchmal in der Schweiz, sich selbst in die Ecke zu stellen.»
Juncker übt aber auch milde Kritik an der EU: «Wir haben wahrscheinlich auch Fehler gemacht. Wir haben uns nicht genug mit schweizerischen Befindlichkeiten vertraut gemacht.»