Landwirtschaft
Nach Kampf um Pestizidinitiativen sollen Gräben zugeschüttet werden

Nach dem Nein zu den Pestizidinitiativen wollen Befürworter und Gegner die Gräben innerhalb der Landwirtschaft sowie zwischen Stadt und Land zuschütten. Wer den ersten Schritt machen wird, ist offen.

Gina Bachmann
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Der Abstimmungskampf um die Pestizidinitiativen hat tiefe Gräben innerhalb der Landwirtschaft sowie zwischen Stadt und Land offenbart.

Der Abstimmungskampf um die Pestizidinitiativen hat tiefe Gräben innerhalb der Landwirtschaft sowie zwischen Stadt und Land offenbart.

Keystone

Nach dem Nein zur Trinkwasser- und Pestizidinitiative schieben sich die Befürworter und Gegner der Vorlagen gegenseitig die Schuld in die Schuhe für den äusserst gehässigen Abstimmungskampf. «Die Umweltverbände haben uns mit ihrer Kampagne extrem angegriffen», sagte etwa Bauernverbandspräsident Markus Ritter am Sonntag gegenüber Radio SRF. Von Diffamierungen gegenüber der Landwirtschaft sprach am Fernsehen SRF auch SVP-Nationalrat Albert Rösti.

Anders tönt es bei den Befürwortern der Initiativen, etwa bei der Co-Geschäftsleiterin der Kleinbauernvereinigung, Patricia Mariani: «Der Bauernverband hat die Abstimmung zu einer Existenzfrage für die Bauern hochstilisiert», sagte Mariani gegenüber SRF. Dominik Waser vom Komitee der Pestizidinitiative sprach von einer «Angstkampagne» des Bauernverbands. Gegen die «Agrarlobby» schoss am Sonntag auch der Grüne Nationalrat Kilian Baumann. «Es ist ein Grundproblem der Agrarpolitik, dass die Bauern vor den Karren der Agrarkonzerne gespannt werden.»

Vage Pläne für weitere Zusammenarbeit

Immerhin: Im Hinblick auf die künftige Agrarpolitik zeigten sich die Befürworter und Gegner versöhnlich. Man wolle mit den Gegnern an einen Tisch sitzen, sagte etwa Kleinbauern-Vertreterin Mariani. Auch Nationalrat Baumann sprach von einer zukünftigen Zusammenarbeit mit dem Bauernverband. Für Ritter ist dabei wichtig, dass wieder vermehrt über Sachfragen diskutiert werde. «Wir werden die Diskussion mit Grünen, SP, Konsumentinnen und Konsumenten suchen», sagte er gegenüber Fernsehen SRF.

Konkreter wurde es am Sonntag nicht mehr. Auch wer den ersten Schritt wagen wird, blieb offen. Nationalrat Rösti sieht die Befürworter in der Pflicht: «Es wäre nun der Tag, an dem man wieder anfangen könnte, mit dem Bauernverband zusammenzuarbeiten». Kilian Baumann wiederum will erst einmal die Gegner beim Wort nehmen wenn es um die Umsetzung des parlamentarischen Gegenvorschlags geht.

Am Abend rief auch Bundesrat Parmelin die beiden Seiten zu einer Erneuerung des Dialogs auf. Er zeigte sich zwar erleichtert über den «vernünftigen und pragmatischen Entscheid» der Bevölkerung, verurteilte aber die Angriffe und Drohungen gegen verschiedene Akteure des Abstimmungskampfs. Auch gab er einen ersten Hinweis, wie es in der Agrarpolitik weitergehen könnte. So sollen etwa die Wünsche der Konsumentinnen und Konsumenten in der neuen Strategie des Bundesrats berücksichtigt werden.

Landwirtschaft dürfte heisses Eisen bleiben

Mit einem inoffiziellen Gegenvorschlag, den das Parlament im März beschlossen hat, hatten die Gegner im Vorfeld der Abstimmung für ein Nein vorgesorgt. Laut Markus Ritter hat das Parlament damit «das strengste Pestizidgesetz Europas» beschlossen. Dieses sieht einen Absenkpfad für Pestizide vor. Bis 2027 sollen die Risiken durch Pestizide um 50 Prozent vermindert werden. Neuer Streitpunkt könnten nun die Umsetzung dieses Ziels auf Verordnungsebene sein.

Man werde die Stossrichtung des Gegenvorschlags weiter mittragen, sagte Ritter im Abstimmungsstudio von SRF weiter. «Einige Punkte gehen aber zu weit und auf die werden wir aufmerksam machen». Genau for diesem Szenario fürchten sich nun die Befürworter: «Ich habe grosse Angst, dass die Gegenseite nun kommt und die festgelegten Ziele nun wieder angreift», sagte Baumann.

Weitere Initiativen in der Pipeline

Das Ringen um die Zukunft der Agrarpolitik geht also weiter. Neben der Umsetzung des Gegenvorschlags, steht auch die Neuausrichtung der Agrarpolitik 22 des Bundesrats an. Damit strebte er eine Ökologisierung der Landwirtschaft an, auch im Hinblick auf die Pestizidinitiativen. Das Vorhaben wurde im März vom Parlament jedoch sistiert. Der Bundesrat muss nun in einer Gesamtschau die künftigen Agrarstrategie präsentieren. Weiter auf Trab halten werden die Agrarpolitik zudem weitere Volksinitiative, etwa die Massentierhaltungsinitiative und die Landschaftsinitiative.