Landwirtschaft
EU-Preisdumping: Nationalrat macht sich stark für die Schweizer Zuckerbranche

Weil die EU ihre Zuckerproduktion ausgebaut hat, unterstützt die Schweiz hiesige Rübenproduzenten finanziell. Das findet auch der Nationalrat sinnvoll. Verzichten möchte er vorerst auf den ökologischen Umbau.

Reto Wattenhofer
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Zuckerrüben anbauen ist ökologisch eher bedenklich: Darum sollen Biobauern mehr Geld erhalten. (Symbolbild)

Zuckerrüben anbauen ist ökologisch eher bedenklich: Darum sollen Biobauern mehr Geld erhalten. (Symbolbild)

Keystone

2017 hat die Europäische Union die Zuckerproduktion liberalisiert. Seither ist sie von einer Nettoimporteurin zur Zucker-Exporteurin mutiert. Dadurch gerieten auch die Schweizer Rübenproduzenten unter Druck. Die Frankenstärke verschärfte die Situation zusätzlich. Ein Jahr später reagierte der Bundesrat. Er hob die Einzelkulturbeiträge pro Hektare von 300 auf 2100 Franken an. Die befristete Massnahme läuft dieses Jahr aus.

Wie soll es nun weitergehen? Der Nationalrat entschied am Montag zum Auftakt der Sondersession: Es braucht Massnahmen, um den Fortbestand der Schweizer Zuckerwirtschaft zu sichern. Die Produktion sei stark gefährdet, betonte Marcel Dettling (SVP/SZ). Seit 2006 habe sich der Zuckerpreis hierzulande halbiert. Die Folge: Viele Rübenbauern würden aussteigen. Der Nationalrat sprach sich für einen Mindestgrenzschutz von 70 Franken pro Tonne Zucker aus.

Nicht auf das Gesetz eintreten wollten FDP und Grüne. «Wir sehen nicht ein, warum Zucker anders behandelt werden soll als andere Landwirtschaftsprodukte», kritisierte Regula Rytz (Grüne/BE). Die Zuckerproduktion habe zudem ein Ökologieproblem. Beat Walti (FDP/ZH) erklärte, der vorgeschlagene Mindestgrenzschutz sei zu hoch und auch sachlich nicht angezeigt. Generell dürfe dieser nicht auf Gesetzesstufe geregelt werden.

Wie ökologisch muss der Anbau sein?

Für Diskussionen sorgte auch ein anderer Punkt. Die Kommission wollte mit der Revision zugleich die Zuckerproduktion hierzulande ökologischer gestalten. Gerade der Anbau von Zuckerrüben sei im Hinblick auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln eher bedenklich, argumentierte die Mehrheit der Kommission.

Sie schlug deshalb vor, den aktuellen Einzelkulturbeitrag für die konventionelle Produktion von 2100 Franken auf 1500 Franken zu senken. Im Gegenzug soll es für biologisch angebaute Zuckerrüben 700 Franken zusätzlich geben. Für ohne Fungizid und Herbizid angebaute Rüben noch 500 Franken mehr.

Bäuerlicher Widerstand

Dagegen wehrten sich erfolgreich die SVP und Die Mitte – angeführt von Bauernpräsident Markus Ritter. Der Schweizer Zucker sei heute schon 30 Prozent nachhaltiger als jener aus der EU, rechnete Ritter (Die Mitte/SG) vor. Die Bauern seien bestrebt, den Anbau noch ökologischer zu gestalten. Dafür müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen.

Aus diesem Grund soll an den vorübergehend eingeführten 2100 Franken für alle Rübenproduzenten vorerst nicht gerüttelt werden. Bei biologischer oder integrierter Produktion soll ein Zusatzbeitrag von 200 Franken pro Hektare und Jahr draufgeschlagen werden.

SP als Zünglein an der Waage

Zum Durchbruch verhalf der Allianz die SP, die einen Kurswechsel vollzog. Hatte sie in der Kommission noch den tieferen Einzelkulturbeitrag für den konventionellen Anbau befürwortet, schwenkte sie nun um. Es habe sich gezeigt, dass die tieferen Beiträge nicht ausreichten, um die Produktion für die nächsten Jahre zu sichern, argumentierte Jacqueline Badran (SP/ZH).

Allerdings schlug die SP vor, den geltenden Beitrag von 2100 Franken auf fünf Jahre zu befristen. Danach müsse dieser neu verhandelt werden unter Einbezug der ökologischen Fortschritte. Das überzeugte auch den Nationalrat. Er sprach sich mit 155 zu 29 Stimmen für eine Befristung aus.

Damit hält er am bisherigen Fördermodell fest – gegen den Willen der vorberatenden Kommission. Mit einer Motion möchte die grosse Kammer jedoch den Bundesrat beauftragen, geeignete Instrumente und Massnahmen für den künftig ökologischen Anbau von Zuckerrüben zu schaffen. Nun geht das Geschäft an den Ständerat.