Krieg
Ukraine-Konflikt: Ständerat verurteilt Angriff und diskutiert über Neutralität

Das Parlament beweist Entschlossenheit. Auch der Ständerat verurteilt in einer Erklärung das russische Vorgehen. Und bereits werden mehr Mittel für das Militär gefordert.

Michael Graber
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Der ukrainische Botschafter Artem Rybchenko lauschte der Debatte im Ständerat.

Der ukrainische Botschafter Artem Rybchenko lauschte der Debatte im Ständerat.

Keystone

Auch der Ständerat setzt ein Zeichen im Konflikt um die Ukraine. Nach dem Nationalrat hat auch die kleine Kammer am Dienstag eine Erklärung verabschiedet, die den russischen Überfall auf die Ukraine verurteilt. Pirmin Bischof (Mitte/SO) sprach von einem «beispiellosen Akt der Aggression» seitens der Russen. «Neutralität ist nicht gleichbedeutend mit Feigheit», mahnte Bischof an. Darum sei es wichtig, dass die Schweiz «Haltung» zeige. Auch als neutrales Land müsse die Schweiz mit Nachdruck klarmachen, dass souveräne Staaten respektiert werden müssen und der Angriffskrieg verurteilt werde.

«Wer im Krieg wegschaut, der akzeptiert die Macht des Stärkeren», sagte Damian Müller (FDP/LU). Darum gebe es in einem solchen Konflikt auch «keine Neutralität». Die Schweiz müsse sich klar positionieren, da sie sich sonst in den Augen der Welt auf die Seite des Aggressors schlage. Grundsätzlichen Widerstand gegen die Erklärung gab es nicht.

Chiesa: «Ein gefährliches Bild»

SVP-Parteipräsident Marco Chiesa (TI) störte sich einzig am Passus, dass die Schweiz die Sanktionen der EU übernehmen solle. Dies würde «den Ruf der Schweiz als neutrale Vermittlerin gefährden». Chiesa zitierte die «New York Times», die im Nachgang zum Bundesratsentscheid vom Montag schrieb, die Schweiz lege ihre traditionelle Neutralität beiseite. «Das Bild, das hier vermittelt wird, ist gefährlich», so Chiesa. Er wollte darum die Erklärung ohne den entsprechenden Passus überwiesen haben.

Anderer Meinung war FDP-Präsident Thierry Burkart (AG): «Der Entscheid des Bundesrats war nicht nur richtig, er war auch notwendig.» Es herrsche «Krieg in Europa», so Burkart und er rief in Erinnerung, «dass die Ukraine näher an der Schweiz liegt als beispielsweise Lissabon.» Einig mit Chiesa war er sich dagegen in der Sache, dass in der Erklärung auch ein zusätzlicher Abschnitt über «humanitäre Dienste vor Ort» und die «grosszügige Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine» stehen soll.

Bemühen um klares Zeichen

Von den Guten Diensten der Schweiz dauerte es nur eine Wortmeldung bis zur Forderung nach militärischer Aufrüstung. Josef Dittli (FDP/UR) verwies auf die Pläne der deutschen Regierung, das Armeebudget massiv aufzustocken. Auch die Schweiz brauche «zusätzliche finanzielle und personelle Mittel», so Dittli. Ebenfalls brauche die Schweiz ein Konzept, wie sie mit der bewaffneten Neutralität umgehen wolle. «Die sicherheitspolitische Lage in Europa hat sich vergangene Woche dramatisch geändert. Da sollten wir uns anpassen», so Dittli.

Auch Benedikt Würth (Mitte/SG) sprach von einer Herausforderung, die Schweizer Neutralität in «der neuen Ausgangslage» zu definieren. Auch ein neutrales Land könne sich «klar positionieren», betonte Würth. Die Debatte wurde zwar ohne grosses Kontra, aber sehr intensiv geführt. Mehrere Rednerinnen und Redner betonten die Wichtigkeit eines «klaren Zeichen». Am Ende setzte sich die Version von Burkart durch, die sogar noch ein bisschen weiter geht, als jene des Nationalrats. Sie erhielt auch keine Gegenstimme – aber sechs Ständeräte enthielten sich der Stimme.

«Im Krieg gibt es das oberste Gebot vom Schutz der Zivilbevölkerung», sagte Bundesrat Ignazio Cassis. Selbstverständlich werde die Schweiz dies «so lange wie nötig» hochhalten und ihre Dienste und Hilfe anbieten – «koordiniert mit unseren europäischen Nachbarn», so Cassis.