Die Politik fordert seit Längerem, den Zugang zu Sozialhilfe für Ausländer zu erschweren. Nun reagiert auch der Bundesrat. Auch wenn er die ganz heissen Eisen nicht anpackt: Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht kritisiert die geplante Revision.
Die Zahlen sind eindrücklich: Von 2010 bis 2019 sind die jährlichen Nettoausgaben für die Sozialhilfe hierzulande um knapp 900 Millionen Franken auf 2,8 Milliarden Franken gestiegen. Die Kosten fallen bei den Kantonen und den Gemeinden an – und werden überdurchschnittlich von Ausländern aus Drittstaaten verursacht. Die Politik erkannte bereits 2017 Handlungsbedarf und machte Druck.
Am Mittwoch hat der Bundesrat nun aufgezeigt, wie er die steigenden Sozialhilfekosten zu bremsen gedenkt. Ziel des Massnahmenpakets sei es, Anreize zu setzen, um Ausländerinnen und Ausländer aus Drittstaaten besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren, heisst es in der Mitteilung des Staatssekretariats für Migration (SEM). Nun können interessierte Kreise in der Vernehmlassung zur geplanten Revision Stellung nehmen.
Ausgangspunkt war ein Anfang 2020 veröffentlichter Expertenbericht mit 20 Massnahmen. Klar ist: Die ganz heissen Eisen packt der Bundesrat nicht an. So schlugen die Experten vor, den Familiennachzug für Schweizer Staatsbürger einzuschränken. Dies für den Fall, wenn jemand Sozialhilfe bezieht.
Auch in einem anderen Punkt ist der Bundesrat zurückgekrebst. Er verzichtet darauf, dass Menschen, die Sozialhilfe beziehen, die Niederlassungsbewilligung einfacher entzogen werden kann. Nach einer vertieften Prüfung sei er zum Schluss gekommen, dass die heutige Regelung genüge, argumentiert der Bundesrat. Wenn jemand dauerhaft und in erheblichem Masse Sozialhilfe bezieht, kann ein Kanton bereits heute die Niederlassungsbewilligung widerrufen.
Konkret möchte der Bundesrat das Gesetz in zwei Punkten verschärfen. So soll die Sozialhilfe für Menschen mit einer Aufenthaltsbewilligung in den ersten drei Jahren ihres Aufenthalts in der Schweiz eingeschränkt werden. Die Höhe des Unterstützungsansatzes liegt in der Kompetenz der Kantone.
Verschärft werden sollen die Integrationskriterien im Ausländer- und Integrationsgesetz. Bei der Prüfung der Integration sollen die Kantone zusätzlich prüfen, ob und wie Ausländer die Integration der eigenen Familie oder des Partners fördern und unterstützen.
Präzisieren möchte der Bundesrat die Integrationsvoraussetzungen bei der Härtefallregelung: Bei der Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen an vorläufig Aufgenommene wird die Teilnahme an einer beruflichen Bildung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gleichgestellt.
Eine erste Reaktion auf die geplante Revision folgte vonseiten der Unabhängigen Fachstelle für Sozialhilferecht UFS. Diese kritisierte in einer Stellungnahme, das Massnahmenpaket sei «aus rechtlicher und politischer Sicht problematisch», weil die Kantone verpflichtet werden, an Menschen ohne CH-, EU- und EFTA-Pass tiefere Sozialhilfeleistungen auszurichten.
Die Leistungen der Sozialhilfe hierzulande sind gemäss der UFS bereits heute so tief, dass das Sozialwerk den verfassungsmässigen Auftrag in mehrfacher Hinsicht nicht mehr erfüllt. Weiter haben die geplanten Massnahmen nach nach Ansicht der Fachstelle zur Folge, dass «eine gesamte Personengruppe weniger zum Bestreiten ihres Lebens hat, als sie dafür effektiv braucht».