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Wenn das Volk gegen den Ausbau der Grenzschutzagentur Frontex stimmt, hat das laut dem Bundesrat drastische Konsequenzen. Vor allem die Sicherheit und das Asylwesen würden darunter leiden.
Die Schweiz soll in Zukunft nicht mehr 14 Millionen Franken, sondern jährlich 61 Millionen an die EU-Grenzschutzagentur Frontex bezahlen. Zudem soll die Schweiz Frontex auch mehr Personal zur Verfügung stellen. Gegen diese Entscheidung des Parlamentes haben Aktivisten, linke Politiker und kirchliche Kreise das Referendum ergriffen.
Sie kritisieren, dass Europa weiter zu einer «Festung» gegen Flüchtende ausgebaut werde und Frontex für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sei. Der Bundesrat wiederum befürwortet die Beitragserhöhung, worüber das Volk am 15. Mai befindet. Finanzminister Ueli Maurer erklärte am Mittwoch vor den Medien in Bern: «Frontex hat für die Schweiz eine grosse Bedeutung mit Bezug auf die Sicherheit.»
Justizministerin Karin Keller-Sutter nannte als Beispiel die Migrationskrise von 2015, als Hunderttausende Menschen Richtung Europa flüchteten. Unter ihnen hätten sich auch radikale Islamisten befunden, die in die Anschläge in Paris und Brüssel verwickelt waren. «Ein guter Schutz an den Aussengrenzen bedeutet indirekt mehr Sicherheit für die Schweiz», so Keller-Sutter.
Die Schweizer Stimmbevölkerung hat das Schengen-Abkommen 2005 angenommen. Damit hat sich die Schweiz laut Keller-Sutter dazu verpflichtet, zwingende Veränderungen des Schengenrechts umzusetzen, wozu auch die Frontex-Verordnung gehöre. Die Folgen der Ablehnung seien vertraglich klar geregelt. Diesbezüglich soll sich die Schweiz keine Illusionen machen, so die Bundesrätin: «Mit einem Nein zu Frontex ist eine Assoziierung an Schengen/Dublin akut gefährdet.»
Das Ende der Zusammenarbeit mit Schengen/Dublin hätte letztlich Folgen für die Polizei- und Zollbeamten, weil sie keinen Zugriff mehr auf das Schengener Fahndungssystem SIS hätten. «Für die Schweizer Behörden ist das ein unverzichtbares Instrument», so Keller-Sutter weiter.
Doch auch die Reisefreiheit für die Schweizer Bevölkerung und der Grenzverkehr würden bei einem Nein zu Frontex gemäss Bundesrat eingeschränkt. Die Nachbarstaaten der Schweiz müssten Reisende aus der und in die Schweiz wieder systematisch kontrollieren, was mit hohen Kosten für die gesamte Volkswirtschaft verbunden wäre.
NGOs haben immer wieder kritisiert, dass es im Zusammenhang mit der Arbeit von Frontex zu sogenannten illegalen Push-Backs von Flüchtenden an Land und auf See gekommen sei. Bundesrat Ueli Maurer sagte diesbezüglich, dass es nichts zu beschönigen gebe. «Es gab Verstösse, die wir nicht akzeptieren können.»
Doch gerade deshalb sei es zentral, dass die Schweiz bei Frontex Einsitz nehme und so Verbesserungen durchsetze. Der Finanzminister fragte rhetorisch: «Machen wir die Faust im Sack und lassen gewähren, oder setzen wir uns dort ein, wo Verbesserungen notwendig sind?»
Denn mit dem Ausbau von Frontex würde auch der Schutz der Grundrechte weiter gestärkt. Neu würden 40 Grundrechtsbeobachter die Aktivitäten vor Ort beaufsichtigen, um bei allfälligen Verstössen Massnahmen einleiten zu können.
Die Bundeskanzlei muss noch offiziell bestätigen, ob die Frontex-Gegner die nötigen Unterschriften für das Zustandekommen des Referendums gesammelt haben. Dies dürfte Mitte März der Fall sein.
Ob das Referendum gegen Frontex an der Urne durchkommt, hängt nicht zuletzt auch von der Haltung der SVP ab. Denn Frontex geniesst auch rechts von der Mitte einen schlechten Ruf, dies allerdings, weil die Behörde zu wenig Flüchtlinge zurückhalte.
Bislang hält sich die SVP bedeckt. Mit Weltwoche-Verleger Roger Köppel und Vize-Präsidentin Célina Amaudruz haben sich jedoch bereits zwei politische Schwergewichte gegen den Ausbau von Frontex ausgesprochen. Sollte die SVP die Nein-Parole ergreifen, könnte das Referendum dank einer «unheiligen Allianz» der Linken und Rechten von Erfolg gekrönt sein.