Atommüll: Der Bund rüffelt die Nagra, und Nördlich Lägern ist weiterhin ein möglicher Lagerort – ein Kommentar von Antonio Fumagalli
Noch im Januar dieses Jahres schien alles so klar: Der Atommüll, der sich in den vergangenen Jahrzehnten angesammelt hat und den wir noch eine ganze Weile weiter produzieren werden, wird eines Tages entweder in Zürich Nordost oder im Jura Ost verbuddelt. Auf diese beiden Standorte schränkte jedenfalls die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) ihre Suche nach einem Standort für ein geologisches Tiefenlager ein. Auch wenn die Beteiligten schon damals darauf hinwiesen, dass noch kein Standort aus dem Rennen sei, war das Aufatmen vom Surbtal bis nach Aarau zu hören.
Gestern wurde dies nun alles relativiert, in Nördlich Lägern hat man sich möglicherweise zu früh gefreut. Dem Nuklearsicherheitsinspektorat (Ensi) als Aufsichtsbehörde genügen die Grundlagen, die zum vermeintlich richtungsweisenden Nagra-Entscheid führten, nicht. Das Ensi, dem verschiedentlich Kungelei mit der Atomlobby vorgeworfen wurde, beweist damit seine Unabhängigkeit. So bitter die Pille für die betroffene Region ist: Im Sinne einer möglichst breit abgestützten Entscheidungsfindung ist die Zusatzschlaufe zu begrüssen. Dass dies den definitiven Beschluss nochmals verzögern wird, kommt bei diesen Zeithorizonten auch nicht mehr drauf an. Bleibt nun abzuwarten, wie überzeugend die Präzisierungen der Nagra sind. Führen sie dazu, dass plötzlich wieder ein Standort mehr priorisiert werden muss, beflügelt das mit Sicherheit die Stimmen, die am liebsten die Nagra selbst «tiefenlagern» würden.
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