Kommentar
Rente für Sozialhilfe-Schulden anzapfen: Aargauer Gemeinden handeln kurzsichtig

Diverse Aargauer Gemeinden verlangen von Sozialhilfebezügern kurz vor ihrer Pensionierung, bezogene Leistungen mit Pensionskassengeldern zurückzuzahlen. Auf den ersten Blick scheint das schlüssig. Aber das Problem muss anders gelöst werden. Ein Kommentar.

Rolf Cavalli
Rolf Cavalli
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Gewisse Aargauer Gemeinden verlangen, dass Sozialhilfebezüger ihre Schulden mit der Altersvorsorge begleichen. (Symbolbild)

Gewisse Aargauer Gemeinden verlangen, dass Sozialhilfebezüger ihre Schulden mit der Altersvorsorge begleichen. (Symbolbild)

KEYSTONE/CHRISTOF SCHUERPF

Die Altersvorsorge ist Schweizerinnen und Schweizern heilig. AHV und Pensionskasse sind unsere finanziellen Säulen für den Lebensabend.

Mit Sozialhilfe dagegen verbindet man vor allem Negatives: Missbrauch und steigende Kosten. Der Zweck geht zuweilen vergessen: Hilfe, wenn keine Sozialversicherung mehr zuständig ist.

Nun verknüpfen diverse Aargauer Gemeinden die ungeliebte Sozialhilfe mit der populären Altersvorsorge, indem sie von Betroffenen verlangen, bezogene Leistungen mit ihren Pensionskassengeldern zurückzuzahlen.

Auf den ersten Blick ist das nachvollziehbar. Wer wegen zunehmender Sozialkosten selber an den Anschlag kommt, sucht nach neuen Einnahmequellen. Zudem ist der Grundsatz richtig, dass jemand, der später wieder ein gutes Einkommen hat, Sozialhilfe zurückerstatten.

Das Anzapfen von Pensionskassengeldern ist allerdings kurzsichtig: Es verunmöglicht dem Betroffenen, der Armut und der finanziellen Abhängigkeit vom Staat zu entfliehen.

Der Allgemeinheit bringt es eh nichts: Verlieren Sozialhilfeempfänger ihr Renten-Polster, beziehen sie stattdessen notgedrungen Ergänzungsleistungen.

Vor drei Jahren haben die Aargauer dem neuen Finanzausgleich zugestimmt, der Gemeinden mit hohen Sozialkosten entlastet. Wenn das zuwenig greift, muss man nachbessern und allenfalls die Rahmenbedingungen für die Sozialhilfe selber überdenken. Die Altersvorsorge dagegen sollte dabei tabu bleiben.