Der Besuch von EU-KommissionsPräsident Jean-Claude Juncker in Bern sollte ein Zeichen dafür sein, dass sich die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU normalisieren. Die Vorbereitungen verdeutlichen aber: Das Verhältnis bleibt kompliziert. Es fängt damit an, wann der Besuch stattfindet. Die Schweizer Behörden haben den 23. November bestätigt. Die EU nicht. Dafür hat ein EU-Kommissions-Mitglied ausgeplaudert, dass der Bundesrat diese Woche über die Kohäsionsmilliarde berät. Der Bundesrat wiederum sagt, er werde seinen Entscheid zur Osthilfe erst nach der Juncker-Visite kommunizieren.
Das alles ist verwirrend. Dabei war der Antritt des neuen Aussenministers vor allem mit der Hoffnung verbunden, dass Ignazio Cassis die Europapolitik des Bundesrats im Inland besser erklärt als sein Vorgänger. Cassis hat noch Steigerungspotenzial. Denn es ist davon auszugehen, dass sich der Bundesrat für die Gelder ausgesprochen hat. Eine Absage würde beim Juncker-Besuch wohl zum Eklat führen.
Bereits spricht man vom teuersten Staatsbesuch aller Zeiten. Vielleicht will der Bundesrat mit seinem Schweigen diesem Eindruck entgegenwirken. Dass er entstanden ist, hat er sich selbst zuzuschreiben. Früher pochte die Schweiz darauf, dass die Kohäsionsmilliarde ein freiwilliger Beitrag ist. Heute soll sie in erster Linie Verhandlungspfand sein. Ob sich dieser Paradigmenwechsel ausbezahlt? Die Gefahr ist real, dass Juncker nächste Woche wenig mitbringt als Gegenleistung für die Ostmilliarde. Und die Europapolitik des Bundesrates noch schwieriger zu erklären ist.
doris.kleck@azmedien.ch