Café Fédéral
Provisorisch stillen

Tobias Bär
Tobias Bär
Drucken
Ein Stillzimmer gibts noch nicht im Bundeshaus.

Ein Stillzimmer gibts noch nicht im Bundeshaus.

plainpicture/CI2

Der Raucher ist eine bedrängte Spezies, bald soll er auch an Bahnhöfen nur noch in streng begrenzten Zonen inhalieren dürfen. Die letzten Raucher-Refugien werden mit aller Kraft verteidigt, ein solches ist das Raucherzimmer im Bundeshaus.

Gross war der Widerstand, als dieses zum Stillzimmer umfunktioniert werden sollte. Es musste ein alternativer Rückzugsort für die Jungmütter im Rat gefunden werden.

Die Verantwortliche dafür, FDP-Nationalrätin Isabelle Moret, ist inzwischen fündig geworden. Seit dieser Session können sich Politikerinnen in einem versteckten Winkel des Parlamentsgebäudes zurückziehen. Allerdings handelt es sich dabei nur um eine Stillecke. Abgeschirmt durch einen Raumteiler. Nationalrätin Irène Kälin (Grüne/AG), die vor einem Jahr Mutter wurde, ist dankbar. Die Lösung sei aber «noch nicht ganz so privat, wie sie sein könnte». Dessen sind sich auch die Parlamentsdienste bewusst. Bauen im denkmalgeschützten Bundeshaus sei zwar kompliziert. Bis nach den Wahlen im Herbst sei ein Stillzimmer jedoch machbar.

Für Kälin ist das Bundeshaus aber auch damit noch lange kein Ort für Mütter. Sie fordert eine Lösung für die Zeit des Mutterschaftsurlaubs – ob mit elektronischer Stimmabgabe von zu Hause aus oder einer Stellvertreterinnenlösung. Denn noch immer verlieren Parlamentarierinnen ihren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung, wenn sie an einer Ratssitzung teilnehmen. Ausserdem würden kürzere Mittagspausen und dafür ein früheres Sitzungsende das Muttersein vereinfachen.

«Eigentlich alles keine Hexerei», sagt Kälin. Doch die Schweiz ist ein Land der kleinen Schritte, vor allem wenn es um Verbesserungen für die Frauen geht. Und so existiert im Bundeshaus weiterhin kein Stillzimmer, aber eine Stillecke. Provisorisch. Immerhin.

tobias.baer@chmedia.ch