Immer häufiger müssen sich Polizisten die Frage stellen lassen: Haben Sie im Einsatz richtig gehandelt? Bei der Beurteilung helfen könnte eine Kamera auf der Schulter des Polizisten, die den Einsatz jeweils aufzeichnen würde.
Im Jahr 2009 schoss ein Polizist der Sondereinheit Argus der Aargauer Kantonspolizei als Vorderster einer Gruppe von Polizisten bei einem Einsatz in Wohlen einem Mann zweimal in den Bauch und verletzte ihn schwer.
Der Mann war schwer betrunken, ausser sich und laut Verteidiger in einer «dynamischen Vorwärtsbewegung» mit erhobenem Messer mit 10-cm-Klinge noch etwa 1,5 Meter vom Polizisten entfernt.
Auf Zurufe, das Messer fallen zu lassen, gab es keine Reaktion. Aus einer Distanz von unter einem Meter schoss der Polizist, der sich bedroht fühlte. Der Einsatz endete damit tragisch.
War die Schussabgabe unverhältnismässig? War der Einsatz so überhaupt nötig? Hat der Einsatzleiter genügend Alternativen geprüft, um die mildeste Lösung zu finden? Das sind gewichtige Fragen.
Das Bezirksgericht Bremgarten kam zum Schluss, dass der Schusswaffeneinsatz nicht verhältnismässig war und der Einsatzleiter seine
Arbeit ganz schlecht gemacht hat. Beide Polizisten erhielten bedingte Geldstrafen.
Nach dem Urteil bleiben viele Fragen offen. Eine Beurteilung durch das Obergericht drängt sich auf. Natürlich muss sich die Bevölkerung auf verhältnismässige Polizeieinsätze verlassen können.
Doch die Polizei muss auch Klarheit haben, was wann angemessen ist. Sicher nicht angemessen wäre, dass ein Polizist erst schwer verletzt werden muss, bevor er in Notwehr schiessen darf.
Helfen könnte eine Kamera auf der Schulter des Polizisten. Natürlich ist dies zweischneidig, sie zeichnet auch Fehler des Polizisten auf. Doch in Wohlen hätte
sie bestimmt Klärung bringen können.