Kolumne
Machen Sie mal den Frauenstreik – zu Hause

In ihrer Kolumne «Liebes Leben, wir müssen reden» schreibt Social-Media-Redaktorin Maria Brehmer über alles, was das Leben schöner macht – und manchmal auch schwieriger. Heute: Warum Frauen nicht nur auf der Strasse streiken sollten.

Maria Brehmer
Maria Brehmer
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Sandra Ardizzone

In gut einem Monat, am 14. Juni, findet in der ganzen Schweiz der Frauenstreik statt, und er ist gebunden an Forderungen vor allem an die Öffentlichkeit. Lohngleichheit, faire Renten, erleichterte Teilzeitarbeit: Frauen und Männer verlangen, dass die Politik endlich durchgreift bei Nachteilen, die Menschen wegen ihrer Geschlechterzugehörigkeit erfahren.

Privat wird's oft ungerecht

Irgendwann wird erreicht sein, dass niemand mehr aufgrund seines Geschlechts bei der Arbeit und in der Öffentlichkeit diskriminiert wird. Da bin ich zuversichtlich, wenn auch etwas ungeduldig.

Studien zeigen allerdings: Gleichberechtigung beginnt zwar mit der Politik, doch hört sie spätestens dort auf, wo das Private anfängt. In Beziehungen geht es oft ziemlich ungerecht zu. Das zeigt sich nicht nur an den grossen Fragen, die mit der Gründung einer Familie einhergehen – etwa, wer um wie viel sein Pensum reduziert, um die Kinderbetreuung zu übernehmen. Es sind fast immer die Frauen, die mehr Haus- und Familienarbeit leisten als die Männer, und es sind fast immer die Frauen, die sich ohne Bezahlung um Familienmitglieder kümmern.

Weg mit dem romantischen Beziehungs-Ideal

Dass Erziehungs- und Pflegearbeit eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung wird, dafür tritt der Frauenstreik ein. Die vielen subtilen Formen von Sexismus, wie sie in heterosexuellen Paarbeziehungen häufig vorkommen, gehen in der Diskussion ums grosse Ganze gerne vergessen.

Eins vorweg: Nein, der Feminismus zerstört die heterosexuelle Liebe nicht. Nein, wenn Sie feministisch lieben, befinden Sie sich nicht ständig in einem Machtkampf mit Ihrem Partner. Doch Feminismus macht die Liebe auch nicht leichter, denn wir müssen unser romantisches Beziehungs-Ideal überdenken, das jahrhundertelang der patriarchalen Macht als Grundlage diente.

Tun Sie mehr für sich

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Ich bin überzeugt, dass kleine Veränderungen im Liebesalltag die Qualität einer Beziehung für beide nachhaltig verbessern. Und ich bin überzeugt, dass es der liberalen Gesellschaft dient, wenn Frauen selbstbestimmt auch in Sachen Beziehung handeln. Liebe Frauen, Sie wollen mehr für sich und Ihre Geschlechtsgenossinnen tun? Dann machen Sie mal den Frauenstreik – zu Hause.

  • Lassen Sie sich von Ihrem Partner nicht sagen, was Sie anziehen sollen. Sie mögen kurze Röcke und tiefe Ausschnitte? Oder weit geschnittene Overalls? Nur zu, Sie entscheiden selbst über Ihr Aussehen
  • «Hilft» Ihnen Ihr Mann im Haushalt? Teilen Sie sich die Hausarbeit! Sie leben schliesslich beide zu gleichen Teilen in Ihrem Heim.
  • Fühlen Sie sich manchmal wie die persönliche Assistentin Ihres Partners, weil Sie ihm ständig die verlegten Autoschlüssel suchen, ihm helfen, sich gesund zu ernähren, und ihm die gebrauchten Sportsachen aus der Tasche packen? Kümmern Sie sich einfach mal mehr um Ihre eigenen Dinge.
  • Bleiben Sie nach dem Essen sitzen und lassen Sie Ihren Mann das Geschirr in die Küche tragen. An sieben aufeinanderfolgenden Tagen. Mindestens.
  • Reden Sie vor Ihrem Partner ungern darüber, wie viele Sexualpartner Sie vor ihm hatten – aus Angst, ihn damit zu verstören? Er hingegen hält sich nicht zurück, zu erwähnen, wie sexuell aktiv er vor Ihrer Beziehung war? Dann sollten Sie dieses Verhalten überdenken.
  • Lassen Sie sich von Ihrem Mann sexuell befriedigen, ohne sich danach zu einer Gegenleistung verpflichtet zu fühlen.

Übrigens: Auch ich falle in alte Muster. Gerade gestern wollte ich meinem Partner erklären, wie man Fleisch «richtig» anbrät. Er liess sich nicht helfen, es schmeckte köstlich. Warum glaube ich eigentlich manchmal, dass er ohne mich nichts hinkriegt?