National- und Ständeräte sollen ihre Zusatzverdienste offenlegen müssen, fordert SVP-Nationalrat Roger Köppel. Der Zürcher liegt richtig. Die Stimmbürger haben ein Recht zu wissen, wer für Lobbyarbeit fürstlich bezahlt wird.
SVP-Nationalrat Roger Köppel ist ein begnadeter Provokateur. Niemand stiftet mit so viel messianischer Überzeugung politische Brände wie der rhetorisch brillante Zürcher. Das macht ihn bei Anhängern der SVP zum Helden. Bei allen anderen zur Persona non grata.
Gnadenlos fährt er auch seinen Kontrahenten im Zürcher Ständeratswahlkampf an den Karren. Jüngstes Beispiel: die Kampagne um die lukrativen Zusatzeinkünfte der Herren Jositsch (SP) und Noser (FDP). Die beiden amtierenden Ständeräte haben ihre Wiederwahl nicht zuletzt dank den Angriffen Köppels auf sicher. Die eigenen Reihen haben sich geschlossen. Köppel bleibt chancenlos. 30 Prozent lieben ihn. 70 Prozent hassen ihn. Das reicht nicht für eine Wahl.
Trotz der spannungslosen Affiche lohnt es sich, Köppels Vorwürfe an die Adressen der beiden Ständeräte anzuschauen. Der «Weltwoche»-Chef wirft seinen Konkurrenten vor, nebst ihren anständig bezahlten Ständeratsmandaten – immerhin rund 140000 Franken im Jahr – zahlreiche Pöstli zu besetzen und gleichzeitig den Schleier über die damit verbundenen finanziellen Entschädigungen zu legen. Der pawlowsche Reflex im Lager der Köppel-Gegner funktioniert mittlerweile so gut, dass jede Regung des SVP-Politikers sofort mit einer Salve von Diffamierungen gekontert wird. Dabei hat Köppel für einmal Recht: Der Postenschacher in Bern ist tatsächlich ein Problem. Ein erheblicher Teil unserer Politiker erweckt den Anschein gekauft zu sein.
Gewiss, die Schweiz hat kein Berufsparlament, das Nebeneinkünfte nicht vorsehen würde. Obwohl der Arbeitsaufwand für National- und Ständerate, die ihren Job ernst nehmen, mittlerweile gross ist, tun wir so, als wäre es eine Leichtigkeit, nebenher noch in ein paar Verwaltungsräten zu sitzen. Oder an der Uni zu forschen.
Wir aber pflegen den Mythos Milizparlament. Dessen ursprüngliche Idee: Politik ist kein Beruf, sondern ein Nebenjob. Der Unternehmer führt die Firma und der Bauer bestellt das Feld - und fährt ab und zu nach Bern an eine Sitzung. Eine Sichtweise aus vergangenen Zeiten. Einen Vorteil aber hat das Milizprinzip potenziell immer noch: Wer im Berufsleben verankert ist, bringt Erfahrungen mit, die in der Politik von Nutzen sein können. Die Gefahr der Entrückung vom wahren Leben ist geringer.
Nun ist es aber eine Tatsache, dass viele Politiker, kaum sind sie gewählt, nicht ihre angestammten Berufe ausüben. Sondern dank ihrer Zugehörigkeit zum nationalen Parlament gut bezahlte Lobbymandate von Banken, Versicherungen, Krankenkassen oder Pharmafirmen übernehmen - oder von Umweltverbänden und Gewerkschaften als Funktionäre angestellt werden. Mit ihrer Unabhängigkeit ist es damit dahin, auch wenn die Damen und Herren hartnäckig das Gegenteil behaupten. Wer 100000 Franken von einer Krankenkasse überwiesen bekommt, kann deren Interessen kaum ignorieren.
So lange wir keine Berufspolitiker wollen, wäre es falsch, unseren Politikern solche Zusatzmandate zu verbieten. In einem liberalen System darf sich jeder zu Tode arbeiten, wenn er will – und dabei abkassieren. Gefragt aber ist Transparenz. Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Die Stimmbürger müssen wissen, wer mit welchem Mandat wie viel Geld kassiert. Heute besteht darüber keine Klarheit.
Um dem Söldnerwesen im Bundeshaus das Handwerk zu legen, wäre eine weitere Bestimmung im Parlamentsgesetz hilfreich: Wer in der Gesundheitskommission sitzt, darf keine Mandate im Gesundheitsbereich annehmen. Beim WWF, den Bienenzüchtern oder bei den Bergbahnen aber schon. Damit wäre die Unsitte behoben, dass in wichtigen Kommissionen faktisch die grossen Firmen und Verbände das Sagen haben.
Viel wichtiger als die Offenlegung der Parteienfinanzierung – hier gibt es immer Umgehungsmöglichkeiten - wäre also Transparenz bei den Politikereinkünften. Roger Köppel hat Recht. Wenn der SVP-Politiker gelegentlich noch verraten könnte, wie er einst ohne grosses Vermögen unverhofft in den Besitz der Weltwoche gekommen ist, würde dies seinem berechtigten Anliegen noch etwas mehr Glaubwürdigkeit verleihen.