Analyse - Knacknüsse fürs Aarauer Stadion: Crowdfunding-Gruppe schafft auch politische Probleme
Analyse
Knacknüsse fürs Aarauer Stadion: Crowdfunding-Gruppe schafft auch politische Probleme
Die «meinstadion.ch»-Gruppe will mittels Sammelaktion das Aarauer Stadionprojekt realisieren. Ihre Vorschläge bescheren der Aarauer Politik, insbesondere dem Stadtrat allerdings auch einige Knacknüsse.
Urs Helbling
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Michael Hunziker (l). und FCA-Präsident Alfred Schmid am letzten Mittwoch bei der Medienkonferenz.chris Iseli
Die Ausgangslage: Die Aarauer Stimmbürger haben im Februar 2008 insgesamt 17 Millionen Franken für die Schüssel (Stadion mit 10 000 Sitzplätzen) bewilligt. Unter der Voraussetzung, dass sich der Kanton (6 Mio.), die Ortsbürger (6 Mio.), die Generalunternehmerin HRS (5 Mio.) und Private (2 Mio.) mitbeteiligen. Das Stadion hätte 36 Millionen Franken gekostet.
Bisher war man davon ausgegangen, dass das Stadion (mit Mantel) für 36 Millionen Franken zu haben wäre. Doch es fehlen 14 Mio. Franken.
Chris Iseli
Die Schwierigkeit: Die Stadion AG ist eine 100-prozentige Tochter der Stadt. Faktisch würde sich gemäss dem «meinstadion.ch»-Vorschlag der Beitrag der Stadt von 17 auf 25 Mio. Fr. erhöhen – denn letztlich wird die Stadt für den Bankkredit der Stadion AG geradestehen müssen. Im schlimmsten Fall wird die Stadt für die Verzinsung der 8 Mio. Fr. aufkommen müssen. Also indirekt den Fussballbetrieb mit mehreren hunderttausend Franken jährlich subventionieren müssen (bei 5 Prozent wären es 400 000 Franken). Das Fussballgeschäft ist sehr unsicher. Auch der FCA musste schon grosse Krisen überstehen. Und beispielsweise aus Thun ist bekannt, dass es in Krisenzeiten sehr schnell zu Problemen zwischen dem Verein und dem Stadionbetreiber/-Besitzer kommen kann. Bereits in der Botschaft an den Einwohnerrat aus dem Jahr 2007 wird darauf hingewiesen, dass «das Stadion letztlich mit dem Schicksal des FCA verknüpft und in einem gewissen Ausmass von dessen wirtschaftlichem Erfolg abhängig ist».
Die grosse Frage: In der Abstimmungsvorlage 2008 ist von einem Bankkredit überhaupt nicht die Rede. Geschweige denn von den mit der Geldaufnahme verbundenen Risiken. Kann der Einsatz der Stadt faktisch um 50 Prozent erhöht werden (von 17 auf 25 Mio.), ohne dass das Volk dazu konsultiert wird? Selbst wenn der Stadtrat das bejahen sollte, bestünde die Gefahr, dass mittels irgendwelcher Beschwerden versucht würde, eine Abstimmung zu erzwingen – was zu einer Verzögerung führen dürfte.
Die mangelnde Transparenz: Nach wie vor ist völlig unklar, wie die Generalunternehmerin HRS auf die Bausumme von Grössenordnung 50 Millionen Franken kommt. Ursprünglich war von pauschal 36 Mio. Fr. (inklusive Teuerung) die Rede.
Das Risiko HRS: Mit dem «meinstadion.ch»-Vorschlag wird der «Plan B» (die Querfinanzierung über drei Hochhäuser) faktisch beerdigt. Die HRS verliert damit einen Trumpf in ihrem Kampf für die Baubewilligung für die Gesamtüberbauung des Areals. Und es ist schleierhaft, wie sie ohne Hochhäuser die 5 Mio. Fr. finanzieren kann, die sie ans Stadion beisteuern soll (es sei denn, diese seien in den 50 Mio. Fr. bereits eingepreist). Bislang schweigt die HRS.
Das vorläufige Fazit: Der neue Stadtrat wird einige Probleme zu lösen haben. Sollten die «meinstadion.ch»-Initianten ihr Sammelziel erreichen, wird er das nicht nur unter grossem zeitlichem (Verfall der Baubewilligung), sondern politischem Druck tun müssen.
Übrigens: Im Fall des Kulturprojekts Alte Reithalle werden Private mindestens einen Fünftel an die Gesamtinvestitionssumme von 20 Mio. Fr. beisteuern. Würde gleiches beim Stadion passieren, wären 10 Mio. Fr. (statt 4) nötig – und damit aber auch praktisch alle Bankkredit-Probleme gelöst.