Gallatis erste 100 Tage

Hans Fahrländer
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Ob er überhaupt daran gedacht hat? Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati ist diese Woche seit 100 Tagen im Amt. Diese Frist – sie geht auf den früheren amerikanischen Präsidenten Roosevelt zurück – gewährt man einem Regierungsmitglied für die Einarbeitung. Magistratspersonen benützen sie auch, um selbstbewusst eine erste Bilanz zu ziehen. Gallati hat dafür kaum Zeit. Wenige Wochen nach Amtsbeginn wurde er in ein riesiges Eiswasserbecken geworfen. Seither ist er im permanenten Krisenmodus. Uns graut bei der Vorstellung, seine Vorgängerin wäre noch im Amt. Gallati ist öffentlich präsent und führt sein Departement kompetent, trotz kurzer Angewöhnungszeit.

Noch weniger Zeit hatte Kantonsärztin Yvonne Hummel: Sie trat ihr Amt am 10. Februar an, gut zwei Wochen später war Corona da. Ein bewährter Kämpe ist dagegen der oberste Bevölkerungsschützer, der bärtige Historiker Dieter Wicki. Er war unter anderem Militärbeobachter im Pulverfass Nahost und Berater des vormaligen VBS-Chefs Parmelin. Wobei: Die Unterscheidung in «neu» und «erfahren» bringt in der Coronakrise nicht viel. Was da gerade abläuft, damit hat niemand Erfahrung. So gesehen sind alle neu.

Gute Auftritte im nationalen Schaufenster hatten diese Woche zwei Direktionsmitglieder des Zentrums für Demokratie Aarau (ZDA), Andreas Glaser und Daniel Kübler. Sie ermahnten den Bundesrat, die zusätz­lichen Kompetenzen, welche die Notlage der Regierung gibt, mit Zurückhaltung auszuüben. Und sie ermahnten das Parlament, sich so schnell als möglich wieder in die Entscheidungsprozesse einzuklinken. Im digitalen Zeitalter gibt es ja Alternativen zu einem vollen Saal mit 200 Leuten.

Auch wenn das Virus unsere Regierung erreicht hat – aufs Ganze gesehen liegt der Aargau punkto Infizierungen im hinteren Drittel der Kantone (man wagt es zwar kaum zu schreiben, denn vielleicht stimmt es beim Erscheinen dieser Zeilen nicht mehr...). Etliche sagen: Es liegt an der ländlichen Struktur des Kantons, wir haben keine grossen Städte oder Tourismus- Hotspots. Bilder vom idyllischen Landleben ohne Menschen­ansammlungen machen die Runde. Doch Vorsicht: Wenn in einem kleinen Dorf ein einziger Infizierter lebt und man hält die Abstandsregeln nicht ein, geht es auch dort los.