Versprochen war ein Parteitag, an dem die vielen Facetten des Donald Trump im Zentrum stehen würden – der liebevolle Vater, der umsichtige Unternehmer, die einigende Kraft. Nach Abschluss des vier Tage dauernden Spektakels in Cleveland (Ohio) zeigt sich aber: Bei dieser Ankündigung handelte es sich einmal mehr um das Versprechen eines begabten Showmans, der sich häufig nicht an seine Ankündigungen hält.
Zwar leisteten seine vier erwachsenen Kinder mit ihren unkonventionellen Auftritten gute Arbeit. Das Porträt, das die Parteitagsredner aber von Donald Trump zeichnen sollten, kam nie über einen Grobentwurf hinaus.
Natürlich erfuhren die Zuschauer, dass der Neo-Politiker «harte Arbeit» schätze, mit beiden Füssen auf dem Boden stehe und eine direkte Sprache spreche. Aber das wussten die meisten Amerikaner höchstwahrscheinlich bereits vor dem Parteitag.
Im Dunkeln blieb, wie Trump die USA quasi im Alleingang wieder auf Vordermann bringen will. Und unklar blieb, wie die zahlreichen hässlichen Episoden aus seiner langen Unternehmer- und kurzen Politikerkarriere mit dem Versprechen in Einklang zu bringen sind, er werde einen Versöhnungsprozess einleiten und das gespaltene Land einigen.
Trump scheint sich aber nicht daran zu stören, dass er das selbst gesteckte Ziel verfehlte. Er glaubt, dass er die richtige politische Mischung gefunden hat, um im November genügend verunsicherte und frustrierte Amerikaner an die Urne zu locken.
Deshalb doppelte er zum Abschluss des Parteitags nach, und hielte eine (lange!) Rede, in der er nationalistische Parolen mit sozialpolitisch fortschrittlichen Bekundungen verband. Bisweilen klang der überzeugte Kapitalist wie ein wütender Gewerkschaftschef, der privatwirtschaftliche Unternehmen dazu zwingen will, Güter in den USA herzustellen, für die es keinen Absatzmarkt gibt. Und manchmal weckte er Erinnerungen an einen südamerikanischen Diktator, der sich über die demokratische Ordnung stellt.
Solche Bekundungen verdeutlichen, dass Trump nicht bereit ist, den innerparteilichen Kritikern programmatische Zugeständnisse zu machen. Er glaubt, dass er auf das Fussvolk der konservativen Bewegung verzichten kann, auf intellektuelle Wortführer, die eine reine Lehre predigen und stets die Verfassung hochhalten.
Deshalb war er auch nicht bereit, auf seinen Rivalen Ted Cruz zuzugehen. Cruz hatte während des Parteitags für einen veritablen Eklat gesorgt. Weil er zwar eine Rede hielt, aber bewusst davon absah, einen Wahlaufruf zugunsten von Trump abzugeben.
Letztlich endete der Parteitag in Cleveland deshalb, wie er begonnen hatte: Die Republikaner sind eine zutiefst gespaltene Partei. Wer genau hinsah, dem wird aufgefallen sein, dass es Trump nie wirklich gelang, die gesamte Sportarena auf seine Seite zu ziehen.
Das heisst aber nicht unbedingt, dass Trumps Unterfangen, am 20. Januar 2017 ins Weisse Haus einzuziehen, von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Denn die Republikaner haben ein Ziel, das von sämtlichen Flügeln unterstützt wird: Sie wollen mit allen Kräften die Wahl von Hillary Clinton zur Präsidentin der USA zu verhindern.
Dazu muss man wissen, dass die Demokratin an der Basis der Republikaner nicht nur unbeliebt, sondern geradezu verhasst ist. In den Augen vieler Republikaner verkörpert Hillary Clinton sämtliche negativen Aspekte des Washingtoner Politbetriebs: ihre Arroganz, ihren Opportunismus und ihren Hang zur Selbstbedienung.
Deshalb stimmten die Parteitagsdelegierten bei fast jeder Erwähnung des Namens Clinton in einen kindischen Sprechgesang ein: «Sperrt Sie ein! Sperrt Sie ein!» schrien sie – eine Anspielung auf die E-Mail-Affäre Clintons, die zum grossen Ärger der Republikaner nicht mit einem Gerichtsprozess und einer Verurteilung endete.
Und deshalb verkauften Strassenhändler ausserhalb der Parteitags-Arena Souvenirs mit sexistischen Sprüchen: T-Shirts, die Bezug auf Hillary, ihren Ehemann Bill und dessen ehemalige Geliebte Monica Lewinsky nehmen.
Die meisten Republikaner finden: Clinton darf nicht Präsidentin werden. Dass sie damit Donald Trump, einem rückgratlosen Neopolitiker, den Weg ins Weisse Haus ebnen, ist ein Preis, den sie nötigenfalls bezahlen.