Moskau lernt dieser Tage den Nahen Osten wirklich kennen. Innerhalb von einer Woche ist die Evakuierungspleite von Aleppo nun schon der dritte Gesichtsverlust der Russen im syrischen Bürgerkriegssumpf: Zuerst kündigte am vergangenen Freitag Aussenminister Sergej Lawrow in Genf mit grosser Geste eine humanitäre Pause an, die die syrische Armee und ihre schiitisch-iranischen Hilfstruppen einfach ignorierten. Dann fiel am Wochenende der «Islamische Staat» wieder in Palmyra ein, dessen Rückeroberung sieben Monate zuvor Präsident Wladimir Putin noch als einen von Russland erfochtenen Sieg der Kultur über die Barbarei inszeniert hatte.
Und nun der Auftritt des russischen UNO-Botschafters vor dem Weltsicherheitsrat. Binnen Stunden, so kündigte er an, würden Zivilisten und Kämpfer aus der Rebellenenklave in Ost-Aleppo evakuiert. Stattdessen setzten syrische Artillerie und Luftwaffe ihr Höllen-Bombardement fort.
Der Kreml steht unter wachsendem Druck, weil die ganze Welt angewidert die barbarische Abschlachterei in Aleppo mitverfolgt. Dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad dagegen ist die Weltmeinung egal. Er hat kein Interesse an einer politischen Lösung. Und er kann Moskau jederzeit gegen Teheran ausspielen, das den Evakuierungsdeal ebenfalls ablehnt. Der syrische Diktator und seine Getreuen setzen einzig auf einen militärischen Sieg. Und sie wissen, dass Putin sie immer weniger zu Konzessionen zwingen kann – je mehr sich mit Moskaus Hilfe das militärische Kräftefeld zugunsten des Regimes verschiebt.