Extremismus
Der Schauprozess

Der Kommentar unseres Gerichtsreporters zur An'Nur-Verhandlung: Weshalb alle Beteiligten in diesem Prozess einen besonders schwierigen Job haben.

Andreas Maurer
Andreas Maurer
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KEYSTONE/LINDA GRAEDEL

Wir Journalisten verfolgen den An’Nur-Prozess im Winterthurer Bezirksgericht in einem holzgetäferten Saal mit blumenverzierten Wänden. Doch nicht alles ist antik. Vor uns steht ein Bildschirm mit Kinoformat 16:9, in Farbe, aber mit schlechter Tonqualität. So wird die Verhandlung, die sich im Stock unter uns abspielt, live übertragen. Wir sitzen also vor einem Heimkino-Bildschirm und tippen in die Laptop-Bildschirme auf unseren Knien Texte, die unsere Leser auf ihren Handy-Bildschirmen mitverfolgen können.

Ohne Medien fände der Prozess gar nicht statt. Ein Medienbericht hat die Polizei auf die Missstände in der Moschee aufmerksam gemacht und so eine Razzia Anfang November 2016 ausgelöst. Sie hatte damals einen Hassprediger festgenommen, der inzwischen verurteilt wurde. Drei Wochen nach der Razzia eskalierte die Situation, weil ein paar halbstarke Jungs einen angeblichen Medien-Spitzel gefunden haben wollen. Sie stehen nun vor Gericht.

Vor Gericht stehen indirekt aber auch die Medien. Sie sollen ein Problem inszeniert haben, weshalb die Staatsanwaltschaft nun ein Exempel statuieren wolle. So lautet zumindest die Verteidigungsstrategie der Angeklagten. Für alle Beteiligten ist es unter diesen Umständen besonders schwierig, ihre Arbeit richtig zu machen.

Jeder Prozess ist eine Inszenierung. Der Staat inszeniert das Recht. Die Medien wiederum inszenieren diese Inszenierung. Doch was ist echt, was ist Show? Hinter Bildschirmen ist das manchmal schwierig zu beurteilen.