In ihrer Kolumne «Liebes Leben, wir müssen reden» schreibt Social-Media-Redaktorin Maria Brehmer über alles, was das Leben schöner macht – und manchmal auch schwieriger. Heute: über die Bedeutung der sozialen Medien für Beziehungen.
Pärchen haben heute vielleicht nicht mehr, aber mit Sicherheit andere Probleme als vor zehn, zwanzig oder zweihundert Jahren. Nicht selten waren und sind sie beeinflusst von den Kommunikationsmöglichkeiten, die gerade zur Verfügung standen oder stehen.
Manch einem mag es romantisch anmuten, dass man im vorletzten Jahrhundert Gefühle, wenn nicht persönlich, dann nur per Brief mitteilen konnte, in ausgewählten Worten formuliert, in Schnörkelschrift aufs Blatt gebracht und per Postkutsche in abgenutzten Jutesäcken wochenlang übers Land getragen. Wie viel Unsicherheit und Missverständnisse das verursacht haben muss: Briefe können verloren gehen, abgefangen oder gefälscht werden. Oder nie abgeschickt worden sein. Und das lange Warten auf die Antwort erst!
Es braucht Abmachungen darüber, wie man eine Beziehung digital führen will.
Vielleicht blicken wir auf die analoge Anbandelung trotz allen Nachteilen vor allem deshalb so schwärmerisch zurück, weil sie fassbarer war, einfacher geregelt als die überwältigende Masse an digitalen Möglichkeiten, die uns heute zur Verfügung steht. Denn das Internet hat liebestechnisch einiges verändert.
Die schnelle, jederzeit verfügbare Kommunikation mit seiner Partnerin oder seinem Partner etwa macht eine Beziehung zwar lebendig, manchmal aber auch schwierig. Nicht nur, weil man den Angebeteten über die sozialen Medien heute ständig auf dem Radar hat. Es braucht auch Abmachungen darüber, wie man die Beziehung digital führen will. Man fragt sich jetzt Dinge wie «Wann posten wir eigentlich unser erstes gemeinsames Foto?»
Die Bedeutung der sozialen Medien für Beziehungen ist nicht zu unterschätzen. Wer sich etwa auf Facebook erstmals zusammen zeigt, vielleicht den Beziehungsstatus anpasst, ist spätestens ab dann offiziell zusammen.
Ich fand es immer grausam kitschig, wie manche Menschen ihre Liebe in den sozialen Medien zelebrieren. Gemeinsame Ferien, Gipfelbesteigungen, das erste Kind – alles wird ins Foto und auf Facebook gepackt. Schaut, mein Schatz hat mir eine Duftkerze und einen Strauss rote Rosen geschenkt, er ist einfach der Beste! Auch beliebt: Verlobungs-Verkündung. Reaktionen in Form von Herzli-geschwängerten Kommentaren sind einem da sicher. Der Neid vieler Singles allerdings auch. Ja, wir wissen es, ihr Liebesangeber!
Die Bedeutung der sozialen Medien für Beziehungen ist nicht zu unterschätzen. Wer sich etwa auf Facebook erstmals zusammen zeigt, vielleicht den Beziehungsstatus anpasst, ist spätestens ab dann offiziell zusammen. Ein grosser Schritt! Im analogen Leben ist das in etwa vergleichbar damit, wenn man als frisch Verliebte erstmals gemeinsam an ein Familienfest geht.
Ist man sich einer Beziehung sicher und will auch andere wissen lassen, dass man zuversichtlich in eine gemeinsame Zukunft blickt, möchte man sein Liebesglück am liebsten «in die Welt hinausposaunen», wie es so schön heisst. Zu keiner Zeit war das leichter als heute.
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Warum es vielen dennoch sauer aufstösst, wenn andere ihre Liebe öffentlich feiern, hat verschiedene Gründe. Vielleicht liegt es daran, dass man sich selbst gerade nach Nähe sehnt, das war bei mir der Fall. Heute finde ich digitale Liebesbekundungen ziemlich rührend, denn ich kann sie nachvollziehen.
Wenn man sich als perfektes Paar inszeniert, erscheint die eigene Beziehung gleich ein wenig glänzender.
Und ich las über eine Studie, die besagt: Wer sein Liebesglück auf Facebook teilt, ist auch im echten Leben glücklich. Weil wir dazu neigen, das zu glauben, was wir öffentlich über uns selbst sagen. Wenn man sich als perfektes Paar inszeniert, erscheint die eigene Beziehung gleich ein wenig glänzender. Man sieht sich als Paar aus der Perspektive seiner Online-Bekanntschaften, und die sehen einen ja nur dann, wenn man es gerade richtig gut hat.
Die richtig, richtig glücklichen Momente allerdings, die zeigen Paare nicht auf ihren Facebook-Profilen. Weil man sie auf keinem Foto einfangen, nicht in Worte fassen kann. Weil man sie erleben muss. Analog und unabhängig aller Kommunikationsmöglichkeiten.