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Gewerbsmässiger Betrug, Veruntreuung, Urkundenfälschung: die Klageschrift gegen den ehemaligen Raiffeisen-Chef ist happig. Doch die Hürden für eine Verurteilung sind hoch.
Die Anklage gegen Pierin Vincenz hat es in sich: Sie wirft dem ehemaligen Chef der Raiffeisenbank gewerbsmässigen Betrug, Veruntreuung und Urkundenfälschung vor. Damit geht die Zürcher Staatsanwaltschaft aufs Ganze. Eine Verurteilung würde nicht nur zu einer langen Freiheitsstrafe für den ehemals so populären Banker führen, sie würde auch ein Schlaglicht auf den Schweizer Finanzplatz werfen.
Der Bündner hat nicht irgendeine kleine Sparkasse geleitet, sondern die drittgrösste Bank der Schweiz. Seit 2014 ist Raiffeisen als systemrelevant klassifiziert und stand eigentlich unter schärferer Beobachtung. Die Verurteilung von Vincenz würde aufzeigen, in welch gefährlichen Fahrwassern sich die Bank unter seiner Führung befand. Aus Sicht Finanzplatz kann man eigentlich nur hoffen, dass Vincenz freigesprochen wird.
Denn die Kontrollorgane haben in seinem Fall komplett versagt. Vincenz hatte über viele Jahre freie Hand an der Spitze der Genossenschaftsbank. Der ehrgeizige – und talentierte – Banker hat die praxisfremden Mitglieder des Verwaltungsrats an die Wand gespielt. Sie waren nicht nur viel zu unkritisch, sondern begaben sich vielmehr in dessen Abhängigkeit. Dies hat er ausgenutzt. Ob er dabei illegal gehandelt hat, muss die Staatsanwaltschaft beweisen. Kein einfaches Unterfangen: Die Hürden für eine Verurteilung eines Beklagten wegen gewerbsmässigen Betrugs sind in der Schweiz bekanntermassen sehr hoch.