Kommentar
Alain Berset reagierte richtig auf die Erpressung – mit seiner Strafanzeige ging er ein grosses Risiko ein

Hat Alain Berset im Fall des Erpressungsversuch eine Sonderbehandlung genossen, weil er Bundesrat ist? Nichts deutet darauf hin. Mit seinem Vorgehen riskierte er einiges - und zeigte, dass er nicht erpressbar ist.

Anna Wanner
Anna Wanner
Drucken
Wurde Opfer eines Erpressungsversuchs: Gesundheitsminister Alain Berset.

Wurde Opfer eines Erpressungsversuchs: Gesundheitsminister Alain Berset.

Keystone

Was zeigen wohl die Fotos, mit denen eine Frau versuchte, Bundesrat Alain Berset zu erpressen? Voyeurismus ist natürlich. Nur: Das Privatleben eines Bundesrats geht die Öffentlichkeit nichts an. Das gilt allerdings nur so lange, wie das Private die Amtsführung nicht einschränkt. Wenn Fotos aus dem Privatleben einen Bundesrat erpressbar machen, ändert sich die Situation. Kann er sein Amt noch ausführen und unabhängig Entscheide fällen?

Es kommt vor allem darauf an, wie der Betroffene auf die Erpressung reagiert. Alain Berset hat das Richtige getan und rasch Strafanzeige eingereicht. Was diese dann auslöst und ins Rollen bringt, liegt ausserhalb der Kontrolle des Bundesrats.

Es hätte durchaus auch zu einem öffentlichen Verfahren vor Gericht kommen können, wo alle Fotos und Mailinhalte publik geworden wären. So weit kam es nicht. Weil der Bundesrat anders behandelt wurde als ein gewöhnlicher Bürger? Dafür gibt es keine Hinweise. Die Bundesanwaltschaft erliess einen Strafbefehl, den die Frau nicht angefochten hat – deshalb kein Gerichtsverfahren.

Der Vorgang ist genauso korrekt wie das Löschen von Daten auf dem Handy der Erpresserin oder das Schwärzen der Vorwürfe im Strafbefehl. Nach heutigem Wissensstand gibt es am Formalen nichts auszusetzen. Berset ist mit der Strafanzeige das Risiko eingegangen, sein Privatleben an die Öffentlichkeit zu tragen. Er hat damit gezeigt, dass er nicht erpressbar ist.