Bildung
Zürcher Schüler gehen auf die Strasse: «Wir mussten auch schon eigene Prüfungen korrigieren»

Wie in anderen Schweizer Städten haben auch in Zürich Schülerinnen und Schüler gegen Sparmassnahmen bei der Bildung demonstriert

Katrin Oller
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«Make education a threat again» – mach die Bildung wieder zur Bedrohung – mit solchen und anderen Plakaten demonstrierten die Schüler gestern in Zürich.

«Make education a threat again» – mach die Bildung wieder zur Bedrohung – mit solchen und anderen Plakaten demonstrierten die Schüler gestern in Zürich.

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«Wir haben Angst, dass unsere Freifächer weggespart werden», sagt eine 16-jährige Schülerin des Realgymnasiums Rämibühl. «Wir mussten auch schon unsere eigenen Prüfungen korrigieren, weil die Lehrer für denselben Aufwand weniger Lohn bekommen», sagt ihre Klassenkameradin. «Wir müssen im Zeichnen Papier und Stifte selber bezahlen, und der kaputte Hellraumprojektor wird auch nicht ersetzt», sagt eine 17-Jährige von der Kantonsschule Zürcher Oberland.

Die jungen Frauen und Männer, hauptsächlich Mittelschüler, die sich gestern beim Bürkliplatz in Zürich versammelt haben, wollen nicht, dass ihre schulischen Möglichkeiten eingeschränkt werden wegen der finanziellen Situation des Kantons. Schülerorganisationen haben in Zürich wie auch in anderen Schweizer Städten zur Demonstration aufgerufen, um sich solidarisch zu zeigen mit den Luzerner Schülern, die der Auslöser waren für den nationalen Protesttag.

600

Teilnehmer waren in Zürich an der Schülerdemo dabei.

Bevor sich der Demonstrationszug in Bewegung setzt, stehen oder sitzen die Jugendlichen in Grüppchen zusammen, spielen Karten oder legen ihre Plakate zurecht. Eine Band spielt. Eine Gruppe von der Kantonsschule Zürich Nord macht ein Selfie: «Zum Beweis für unsere Lehrerin», sagt einer der Schüler. «Eigentlich hätten wir jetzt Musik, aber wenn wir hier nicht teilnehmen, gibt es dieses Fach vielleicht bald nicht mehr.» Die Schüler mussten individuell aushandeln, dass sie für die Demonstration frei bekommen. Einige Rektoren haben den Teilnehmern die Absenz bewilligt.

In kurzen Reden sprechen sich Vertreter von Schülerorganisationen sowie ein Student des linken Studentenvereins Kripo für das Recht auf Bildung aus. Ein Schüler verkündet als Pfarrer verkleidet vor einem kleinen Erdhügel mit Kreuz den Tod «unserer lieben Freundin Bildung». Die Veranstalter haben bewusst darauf verzichtet, Politiker auf das Podium und ins Organisationsteam zu holen, sagt Timothy Oesch, Sprecher des Dachverbands der Zürcher Schülerorganisationen. Er ist zufrieden mit den rund 600 Teilnehmern, die sich jetzt Richtung Limmatquai in Bewegung setzen und skandieren: «Luege, lose, laufe, Bildig nöd verchaufe!» Auf den Transparenten steht: «Sparen nicht auf unsere Kosten», und «Bildung ist ein Menschenrecht». Sogar ein Schild auf Latein ist dabei: «In dubio pro discipulo», im Zweifel für den Schüler.

Positive Reaktionen

Die Demonstration bleibt bis zum Schluss auf dem Helvetiaplatz friedlich, obwohl Vereinzelte Rauchpetarden zünden. Ein Verhalten, das von den Schülern ausgepfiffen wird. «Ich denke, es ist uns gelungen, der Bevölkerung die Sparmassnahmen bei der Bildung in Erinnerung zu rufen», sagt Oesch. Das Publikum am Strassenrand reagiert positiv: «Das ist die Schülerdemo gegen das Sparen. Das ist ganz wichtig», sagt eine Mutter zu ihrem kleinen Sohn. Dieser fragt mit grossen Augen: «Ist der Kindergarten auch betroffen?»